Reisepolicen: Wo Fallen wegen Corona lauern

Auslandsreisen sind wegen Corona auch im Mai kaum möglich. Durch die Pandemie könnten danach Reiserücktritts- oder Reiseabbruchversicherungen besonders wertvoll sein. Doch nicht immer leistet der Versicherer wie erhofft.

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06:04 Uhr | 20. April | 2021
Viele sehnen Palmen und Strand herbei. Versicherungsschutz gehört mit ins Gepäck. Bild: Pixabay/pasja1000

Viele sehnen Palmen und Strand herbei. Eine private Krankenversicherung gehört ins Gepäck, und auch Stornierung oder Reiseabbruch sollten im Blick bleiben. Bild: Pixabay/pasja1000

Die Liste des Auswärtigen Amtes für Länder mit Reisewarnungen ist lang, Lockdown und Notbremsen vermiesen den Deutschen das Reisen ins Ausland. Experten rechnen mit Auslandsurlaub für jedermann frühestens zum Ende des Sommers, sofern nicht neue Pannen bei der Impfstofflieferung auftreten.

Reisende sollten nicht nur über den Infektionsschutz und mögliche Reisebeschränkungen nachdenken, sondern auch beim Versicherungsschutz aufpassen. Neben der finanziellen Absicherung bei Reiserücktritt oder -abbruch steht traditionell der unverzichtbare Krankenzusatzschutz bei Auslandsreisen im Fokus. Die Versicherungen müssen aktuell vor allem auch Corona-tauglich sein.

Die Auslandsreise-Krankenversicherung stellt sicher, dass man die bestmögliche medizinische Versorgung bekommt und notfalls per Krankentransport zurück nach Deutschland gebracht wird. Bei Reisewarnungen sollte das Kleingedruckte unbedingt geprüft werden, ist vom PKV-Verband zu hören. Die meisten AVB schließen die Leistung dann ganz aus. Der Verband rät, mit dem Versicherer vorher zu klären, ob es eventuell Leistungseinschränkungen gibt.

Corona kann Policen-Laufzeit sprengen

Die Policen begrenzen den Schutz oft auf sechs oder acht Wochen. Abgedeckt ist bei sehr guten Einzel-Tarifen eine Reisedauer zwischen 42 Tagen (Concordia) und 70 Tagen (Debeka; Münchener Verein), fand die Stiftung Warentest 2019 heraus. Wer länger im Ausland bleiben muss, verliert dann meist seinen Schutz.

Das gilt jedoch nicht bei einer Corona-Erkrankung. „Verlängert sich der Auslandsaufenthalt durch Krankheit, bleibt der Auslandskrankenschutz unbefristet über die acht Wochen bestehen, bis Rücktransport oder Rückreise möglich sind - auch bei Corona und anderen schweren Erkrankungen oder Unfallverletzungen“, heißt es bei der Halleschen. Solch unbefristete Verlängerungsklauseln bieten nicht alle Gesellschaften. Einige Anbieter geben bei Erkrankung im Ausland nur wenige Tage oder Wochen drauf. Die Behandlung einer Corona-Infektion kann bekanntlich Monate dauern.

Krankenschutz bei längeren Reisen

Für länger geplante Auslandsreisen ist eine andere Krankenpolice nötig. Die Stiftung Warentest hatte in der Mai-Ausgabe 2020 von Finanztest Tarife für Reisen bis 90 Tage sowie bis 365 Tage geprüft. In das Testurteil gingen die AVB zu 25 Prozent ein, die medizinischen Leistungen zu 35 Prozent, die Regelung zu Krankenrücktransport, Überführung und Bestattung zu 25 Prozent, Verständlichkeit zu 10 Prozent und die Leistung bei Krieg, Pandemie und Kernenergie zu 5 Prozent.

Sehr guten Schutz für Einzelpersonen mit weltweit gültigem Vertrag für Reisen bis zu 90 Tagen boten insgesamt 12 Tarife. Am besten schnitt Hanse-Merkur mit dem Tarif „RKV mit USA/Kanada“ (Note 0,6) ab, gefolgt von Concordia mit „AKE/AKF + RT mit USA“ (Note 0,8) und Travelsecure/Würzburger mit „AKV 365 mit USA/Kanada“ (Note 1,0).

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Auf Feinheiten in den AVB achten

Wie die einzelnen Angebote der Versicherer zu Rücktransport, Leistungsausschlüssen, Vorerkrankungen oder Leistungen bei Pandemie (Beispiel Corona-Virus) konkret abschneiden, wurde bei Finanztest nicht deutlich. Ob und wie im Falle des Corona-Virus gezahlt wird – einschließlich Rücktransport -, wurde nicht publiziert.

Diese Umstände machen die Reiseplanung schwierig. Man muss auch die Qualität der medizinischen Versorgung vor Ort einplanen und die aktuelle Infektionslage. Womöglich befindet sich das Gesundheitssystem im Reiseland gerade im Corona-Ausnahmezustand, was die medizinische Versorgung erschwert.

Als Ausweg bleibt der Krankenrücktransport nach Deutschland. Die damit verbundenen Kosten tragen alle Zusatzversicherer, jedoch mitunter nur, wenn er medizinisch notwendig ist. Bessere Angebote übernehmen die Kosten auch bei medizinisch sinnvollem Rücktransport. Viel entscheidender in der Pandemie kann jedoch sein, ob der Rücktransport medizinisch überhaupt möglich ist und ob die örtlichen Behörden ihn wegen der erhöhten Infektionsgefahr zulassen. Falls nicht, nutzt auch die beste Kranken- oder Reiseabbruchversicherung nichts.

Reiseabbruch in Corona-Zeiten

Apropos Abbruch: Die Versicherer übernehmen die mit Reiserücktritt oder -abbruch verbundenen Kosten, wenn der Grund eine schwere Erkrankung wie Corona, ein Todesfall oder eine Schwangerschaftskomplikation ist. Auch andere unvorhersehbare Ereignisse wie Kurzarbeit oder eine betriebsbedingte Kündigung sind versichert und somit indirekte wirtschaftliche Folgen der Pandemie.

Die Rücktrittsversicherung übernimmt auch die Stornokosten, falls der Reisende selbst oder eine sogenannte Risikoperson wie ein Kind, der Lebenspartner oder die Eltern in eine versicherte Notlage gerät und beispielsweise an Corona erkrankt. Aber viele Policen sind nur eingeschränkt Corona-tauglich. Wird das Zielland erst nach der Buchung vom Auswärtigen Amt als Risikogebiet eingestuft, kann man nicht auf Kosten des Versicherers stornieren, sondern muss sich an den Reiseveranstalter oder die Airline wenden, schreibt Finanztest in der Januar-Ausgabe 2021. Ob die dann Geld erstatten, richtet sich nach deren Geschäftsbedingungen.

Keine Reise ohne Impfung?

Chaotisch wird es, wenn das gebuchte Urlaubsland nun einen Corona-Impfnachweis fordert. Hierzulande gibt es keine Impfpflicht. Wer ungeimpft zu Hause bleiben muss, weil ihn die Airline nicht befördert oder das Zielland nicht einreisen lässt, kann keine Leistungen aus der Reiserücktrittsversicherung erwarten, heißt es bei der Hanse-Merkur. Auch hier sei der Reiseveranstalter erster und einziger Ansprechpartner für die Reisepreis-Erstattung.

Der Reiserücktrittsschutz greift meist auch nicht, wenn der Auslandstrip vom Gesundheitsamt verhindert wird. Bei behördlich angeordneter häuslicher Quarantäne und dadurch verpasster Reise gewähren die Versicherer in aller Regel keinen Schutz. Denn die vorsorgliche Isolation wegen Corona-Verdachts gilt gewöhnlich nicht als versicherter Rücktrittsgrund. Mitunter könnten allerdings Versicherungsbeiträge zurückverlangt werden.

Zusatzbaustein für Corona-Schutz

Rücktritts- oder Abbruch-Policen bieten im Pandemiefall also keine vollständige Sicherheit. Das zeigen auch verschiedene Schaden-Beispiele. Allianz, Travelsecure/Würzburger, Ergo, Hanse-Merkur und manch andere offerieren inzwischen einen „Corona-Reiseschutz“ als Zusatz zur Rücktritts- oder Abbruchversicherung. Der deckt beispielsweise die Reisestornokosten ab, wenn der Versicherte vor Reiseantritt wegen des Verdachts auf Corona-Infektion in Quarantäne muss.

Laut Januar-Ausgabe von Finanztest ist der Pandemiefall bei 16 von 50 getesteten Tarifen voll enthalten, in 18 aber als Rücktrittsgrund ausgeschlossen. Bei den übrigen Angeboten gibt es Einschränkungen.

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