Maklervertrag: Der Traum von der Rechtssicherheit

Ein Vertrag mit dem Kunden schützt den Vermittler. Doch seine Haftung wesentlich reduzieren kann er nicht. Selbst nach Kündigung bestehen gewisse Pflichten fort. Welche Hilfen es gibt, lesen Sie hier.

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08:08 Uhr | 22. August | 2019
Selbst formulierte Klauseln im Maklervertrag können schnell zum Eigentor werden, weiß Rechtsanwalt und AfW-Vorstand Norman Wirth. Was er stattdessen rät.

Selbst formulierte Klauseln im Maklervertrag können schnell zum Eigentor werden, weiß Rechtsanwalt und AfW-Vorstand Norman Wirth. Was er stattdessen rät. Bild: procontra

Viele Versicherungsmakler sind unsicher in Bezug auf die Gestaltung des eigenen Maklervertrages. Denn der Gesetzgeber hat in den vergangenen Jahren den Rahmen für die Vermittlung von Versicherungen deutlich verschärft; zuletzt durch die Datenschutzgrundverordnung, davor durch Beratungs- und Dokumentationspflichten. Auch sind Betreuungspflichten nicht immer eindeutig. Präzisierungen verschaffen oft erst Gerichtsurteile. So hat das Oberlandgericht Hamburg im Herbst 2018 nochmal betont, dass ein Maklervertrag den Makler zur Dauerbetreuung der Interessen des Versicherungsnehmers verpflichtet. Allerdings muss der Makler die Versicherungssituation des Kunden nicht die ganze Zeit beobachten und optimieren (Az.1 U 2/18).  

Muster zum Herunterladen  

Hilfestellung beim Aufsetzen eines Maklervertrags leisten Pools und Berufsverbände – indes nur für Mitglieder. Aber auch für alle anderen Makler gibt es Unterstützung. Eine erste Orientierung, wie ein Vertrag aussehen könnte, gibt zum Beispiel ein Mustervertrag des Arbeitskreises Beratungsprozesse. Das Herunterladen dieses Dokuments mit Stand 18. Juni 2019 ist kostenlos. Der Arbeitskreis wird unter anderem von Maklern und Versicherern gefördert.  

Vertragsmuster bieten auch spezialisierte Rechtsanwaltskanzleien wie zum Beispiel Liesegang & Partner und die Kanzlei Michaelis Rechtsanwälte. Über die zuletzt genannte Website finden Interessierte einen Standard-Maklervertrag auch in einer Schnellversion, der zum Beispiel direkt vor Ort beim Mandanten auf einem Computer ausgefüllt werden kann.  

Vorlage vom Juristen  

Darüber hinaus bietet das Portal eine frei konfigurierbare Komplettversion eines Maklervertrages wahlweise mit oder ohne AGB sowie einen schlichten Maklerauftrag. Die Kanzlei wirbt mit „Mustervorlagen von ausgewiesenen juristischen Experten“ und verlangt für die Nutzung des Angebots eine Jahresgebühr von 120 Euro. Die ersten drei Monate seien kostenlos. Nach der Testperiode sei eine Kündigung nicht erforderlich. Weitere Kosten fielen nicht an. Stephan Michaelis von der Kanzlei Michaelis Rechtsanwälte sagt aber, dass „nahezu alle Nutzer einen Sponsor haben“. Zu den Gönnern gehörten zum Beispiel die Versicherer Haftpflichtkasse Darmstadt, VHV, Nürnberger, Inter sowie der Maklerpool Jung, DMS & Cie. Bestehe über einen dieser Partner eine Vertriebsanbindung, könne app.riori.de kostenfrei genutzt werden. Die Sponsorenliste sei einsehbar, wenn man sich vorher auf der Plattform registriert.  

Makler, die einen Vertrag haben, aber nicht wissen, ob das Abkommen mit Kunden wichtigen Ansprüchen genügt oder nicht, können schnell einen Selbsttest machen. Dafür hat der Fachanwalt Norman Wirth, der auch Geschäftsführender Vorstand des AfW Bundesverband Finanzdienstleistungen ist, einen „Quickcheck“ entwickelt. Wer mindestens eine von zehn Fragen mit „Nein“ beantwortet, sollte seine Unterlagen prüfen lassen.  

Seite 1: Viele Wege führen zum Maklervertrag Seite 2: Das Gesetz ist für Makler oft nachteilig Seite 3: Vorsicht mit selbst formulierten Klauseln  

 

Generell werden in einem Maklervertrag die gegenseitigen Rechte, aber auch Pflichten von Makler und Kunde festgelegt. Liegt kein schriftlicher Vertrag mit dem Kunden vor, gilt das Gesetz. Ein Muss ist ein Maklervertag also nicht, schließlich findet die Vermittlung nicht in einem rechtsfreien Raum statt. Wirth meint aber, dass das Gesetz für Makler oft nachteilig ist und ein Maklervertrag allein deshalb wichtig ist.  

Und ganz allgemein gelte: „Vertrag kommt von vertragen.“ Mit einem von beiden Seiten unterschriebenen Kontrakt im Rücken lebe es sich oft friedlicher, schließlich wüssten alle Beteiligten dann, worauf es ankommt. „Man schließt einen Vertrag zu Zeiten, in denen man noch keinen Streit hat. Je ausführlicher und ausgewogener für beide Seiten ein solcher Vertrag ist, desto geringer ist letztlich auch die Gefahr in langwierigen Streit zu geraten“, skizziert der Anwalt die Bedeutung des Paktes.  

Hilfe bei Honorarvereinbarung  

Gesetze stecken Grenzen ab. Innerhalb dieser Limitierung dürfen die Individuen frei handeln. Daher sind viele Fragen gesetzliche nicht geregelt und können vom Makler separat vereinbart werden. Wie Wirth ausführt, „entsteht so sowohl für den Makler als auch für den Kunden zusätzliche Rechtsicherheit.“ Zum Nachteil eines Kunden dürfen Gesetze nicht verändert werden, so der Anwalt. Dies gelte insbesondere für die Beratungs- und Dokumentationspflichten.  

Ein Maklervertrag gelte nur im Verhältnis mit den Kunden. Für seine Tätigkeit gegenüber seinen Produktgebern benötige ein Vermittler ihn nicht. Es habe die Versicherer nicht zu interessieren, was ein Makler mit dem Kunden vereinbaren. Mit Blick auf komplexe Themen wie beispielsweise Honorarberatung rät Wirth aber zur Vorsicht. Entsprechende Klauseln sollten nur mit juristischer Hilfe formuliert werden. Der Arbeitskreis Beratungsprozesse hatte in seinem Mustermaklervertrag mit Stand vom 18. September 2018 an die Klausel „Maklervergütung“ noch folgende Fußnote: „“Der Arbeitskreis hält es nicht für sinnvoll, im Rahmen der Bestimmungen des Maklervertrags zu Maklervergütung Formulierungen für Honorarvereinbarungen vorzuschlagen.“ Diese Anmerkung taucht in der aktuellen Version nicht mehr auf.  

Tätigkeit präzise definieren  

Gegenüber den Versicherern sollten Makler in der Lage sein, eine Maklervollmacht vorlegen zu können, empfiehlt Wirth. Zusätzlich rät er, dass die Vollmacht gesondert ausgestellt und unterzeichnet wird. Des Öfteren sei in der Praxis zu sehen, dass die Vollmacht, wie auch die Datenschutzinformation und -einwilligung irgendwo mit im Maklervertrag eingebaut ist. „Derartiges ist dann schnell unwirksam. Für die Versicherer zählt einzig die Vollmacht“, betont der Rechtsexperte.  

Für Makler interessant ist die Möglichkeit, seine Haftung mit Hilfe eines Vertrages zu beschränken. Einfach einen Satz hineinzuschreiben wie: Der Makler haftet nur bis Höhe seiner Vermögensschadenshaftpflichtversicherung, sei aber unsinnig. „So etwas ist klar unwirksam und führt dazu, dass man für alles und jedes was man tut und wobei ein Schaden entsteht, der über der VSH-Summe liegt, unbegrenzt haftet“, sagt Wirth.

Wichtig im Sinne eines „Haftungsbegrenzung-Managements“ sei vor allem die klare Definition des Tätigkeitsumfangs. Beispielhaft nennt der Fachmann die Begrenzung auf konkrete Versicherungssparten. Damit seien die eigenen Pflichten festgelegt. Der Arbeitskreis Beratungsprozesse verzichtet in seinem Mustervertag auf eine Empfehlung zur Haftungsbegrenzung. Das sei mit Blick auf die Verletzung beruflicher Sorgfaltspflichten „problematisch“. Die Initiative verweist auf Anwalt oder Berufsverband.  

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Wie Wirth weiter ausführt, kommt es auf die Rechtsform des Maklerbetriebs bei der Vertragsgestaltung in den meisten Punkten nicht an. Ob Einzelkaufmann oder Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) sei für den Maklervertrag kaum relevant. Eine Ausnahme seien Regelungen zum Verkauf oder der Bestandsübergabe oder -nachfolge. Da müssten insbesondere bei Einzelkaufleuten einiges konkreter geregelt werden. Ohnehin sei bei dem Thema eine Beratung durch spezialisierte Experten ratsam.  

Aus der Praxis weiß Wirth, dass Makler ihren Kunden gerne auch Mitwirkungspflichten auflegen möchten. Das sei aber nur in sehr begrenztem Umfang möglich. Natürlich könne kein Makler seine Pflichten erfüllen, wenn er nicht rechtzeitig die notwendigen Informationen vom Kunden erhält. Hierzu könne der Kunde auch in einem gewissen Maße verpflichtet werden. Problematisch seien aber immer Klauseln im Vertrag, die den Kunden allgemein verpflichten, über Änderungen seiner Risikoverhältnisse die wesentlich für den Versicherungsschutz sein könnten, zu informieren.  

Klausel soll sensibilisieren  

„Der Kunden nimmt ja gerade die Dienste eines Spezialisten, also des Maklers, in Anspruch, weil er nicht weiß, was wesentlich ist. Hier wird es im Streitfall immer auf den Einzelfall ankommen“, erklärt der Rechtsgelehrte. „Grundsätzlich gilt aber, dass der Makler natürlich nur das in Betracht ziehen kann, was er weiß oder hätte wissen müssen.“ Der Arbeitskreis Beratungsprozesse hat dennoch die Klausel „Risikoänderungen“ in seinen Mustervertag aufgenommen. Der Grund: „Der Kunde soll sensibilisiert werden, Änderungen seiner Risikosituation von sich aus zu melden.“ Die Pflichten des Maklers würden grundsätzlich durch derartige Regeln nicht eingeschränkt.  

Eine bemerkenswerte Klausel findet sich im Zusammenhang mit den Mitwirkungspflichten in der Schnellversion des Standard-Maklervertrags auf app-riori.de: „Der Mandant wird während der Laufzeit dieses Maklervertrages keinen weiteren Versicherungsmakler oder -vermittler beauftragen.“ So etwas dürfte vielen Vermittlern gefallen. Änderungen an bestehenden Verträgen sind mit Zustimmung des Kunden immer möglich. Bei größeren Beständen freilich ist die Einholung einer Zustimmung oftmals mühselig. Anwalt Wirth empfiehlt daher, in den Vertrag eine Fiktionsklausel zu integrieren, nach welcher der Kunde Änderungen zustimmt, soweit ihm diese rechtzeitig schriftlich mitgeteilt wurden und er den Änderungen nicht widersprochen hat.  

Pflichten nach Kündigung  

Rechtsanwalt Michaelis weißt ebenfalls noch auf einen wichtigen Punkt hin: Auch wenn der Kunde den Maklervertrag kündigt, „kann ein Versicherungsmakler haftungsrelevante Pflichten aus Treue und Glauben haben.“ Dies sei zum Beispiel dann der Fall, wenn er seinen Kunden im Schadenfall „im Stich lässt“. Michaelis rät zu einer „ordnungsgemäßen Überleitung der Unterstützung eines Maklers auf einen anderen Sachwalter“.  

Fazit: Einen passenden Maklervertrag zu finden ist kein Hexenwerk. Auf die Belange von Versicherungsmakler spezialisierte Rechtsanwaltskanzleien stellen zum Teil sehr gute Musterverträge zum Herunterladen zur Verfügung. Auch Dienstleister wie der Arbeitskreis Beratungsprozesse geben Orientierungshilfe in Sachen Maklervertrag. Falls das Abkommen kundenspezifisch gestaltet werden soll – zum Beispiel mit Blick auf eine Honorarberatung – sollte sich ein Makler juristischen Beistand nehmen. 

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