LV-Provision: CDU sieht keine Missstände
Wie können Vermittler trotz Regulierung 2025 erfolgreich sein? Zu dieser Fragestellung lud Standard Life zur Podiumsdiskussion mit Experten und 90 Maklern im Publikum nach Berlin. Die wurde vor allem von der Debatte um einen möglichen Provisionsdeckel in der Lebensversicherung bestimmt (procontra berichtete schon in einer Bilderstrecke).
Aber wie sollen Versicherungsvermittler die Folgen abfedern? Und kommt er denn? „Ich weiß es nicht“, gestand Carsten Brodesser (CDU), Mitglied des Finanzausschusses, zu Beginn der Podiumsdiskussion, die unter dem Motto „Finanzberatung 2025 – welche (regulatorischen) Veränderungen auf Makler und Kunden zukommen werden“ stand. Mit dem Koalitionspartner SPD bestehe bis heute ein Dissens über den Deckel.
Daher werde das Thema auch immer wieder von der Tagesordnung im Kabinett genommen. „Den jetzigen Vorschlag für einen Provisionsdeckel kann man vergessen“, sagte Brodesser wörtlich. Verbraucherschutz müsse Mehrwert bringen. Der sei aber nicht erkennbar, zumal die avisierte Deckelung auf 40 Promille Vergütung schon heute die Regel sei.
BaFin könnte längst minimal-invasiv eingreifen
Für einzelne schwarze Schafe, die es nach den Beschwerdestatistiken allenfalls sind (procontra berichtete), brauche man kein Gesetz. Und einen Missstand erkenne Brodesser nur bei Restschuldversicherungen, also nicht bei der eigentlichen Altersvorsorge. Denkbar sei daher ein „halber Deckel", der sich nur auf die Restschuldversicherung beziehe.
Brodesser will die Informations-Situation der BaFin stärken. „Versicherer sollten auf Basis des neu zu fassenden Paragrafen 143 VAG die Erlaubnis erhalten, die tatsächlich gezahlten maximalen Provisionsätze einmalig an die BaFin zu melden, und bei einer zu hohen Abweichung könnte die Behörde minimal-invasiv eingreifen“, schlug der Bundestagsabgeordnete vor. Er ist auch Berichterstatter der AG Finanzen der CDU/CSU-Fraktion, die sich frühzeitig gegen den Provisionsdeckel positioniert hatte (procontra berichtete).
Auch FDP-Finanzexperte Frank Schäffler lehnte den Provisionsdeckel zum wiederholten Mal ab. Nach seiner Auffassung würde der Paragraf 48a VAG bereits ausreichen, um Fehlanreize bei der Vermittlung von Lebensversicherungen zu vermeiden. „Hinzu kommen offensichtlich falsche Zahlen zu den tatsächlichen Provisionshöhen im Evaluierungsbericht“, sagte Schäffler, Mitglied des Bundestages und des Finanzausschusses, wörtlich.
Seite 1: BaFin hätte längst eingreifen könnenSeite 2: Stümperhaftes Vorgehen auf falscher DatengrundlageSeite 3: Droht ohne Deckel ein Provisionsverbot aus Brüssel?
Die BaFin habe bei der Datenerhebung nicht sichergestellt, dass nur die Vergütungen und Beitragssummen der Produkte gemeldet wurden, die bei der Einführung des LVRG im Fokus standen, also LV-Produkte mit Sparanteil. Offenbar wurden Biometrie-Produkte und Restschuldversicherungen (üblich sind dort oft 50 Prozent und mehr Provision) eingerechnet (procontra berichtete).
„Man sieht hier, wie stümperhaft der Finanzminister vorgeht. Da wird billigend in Kauf genommen, auf einer falschen Datengrundlage die Existenzen vieler Vermittler zu gefährden“, so Schäffler weiter. Die derzeitige Situation sei aber auch ein „Kollateralschaden" der Niedrigzinspolitik, die die EZB auch mit Hilfe der Bundesregierung unbeirrt weiter zulasten der Sparer verfolgt.
Norman Wirth, Vorstand des AfW Bundesverband Finanzdienstleistung, machte deutlich, dass der geplante Provisionsdeckel in seiner jetzigen Ausgestaltung verfassungswidrig wäre (procontra berichtete). Im Koalitionsvertrag werde ein Deckel nicht mal erwähnt. Zudem würde der vorliegende Gesetzentwurf nicht klarmachen, wem die geplanten Einsparungen zugutekommen sollen. Die Versicherer zu belohnen wäre ein Treppenwitz, da sie selbst unzureichend Kosten eingespart hätten.
Versicherer auch gegen den Deckel
„Insgesamt hätten die Versicherer tatsächlich zu wenig getan, um eigene Kosten einzusparen“, pflichtete CDU-Politiker Brodesser dem AfW-Chef bei. Dem stimmte auch FDP-Mann Schäffler zu: „Der GDV hat zu lange bei den Provisions-Exzessen zur Restschuldversicherung stillgehalten.“
Peter Schwark, Geschäftsführer beim Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), widersprach. Allein die IDD-Umsetzung hätte die Versicherer einen dreistelligen Millionenbetrag gekostet. Zudem habe man sehr wohl überproportional Kosten gespart. Bei Restschuldversicherungen seien die Versicherer nur Annex-Partner des Hauptproduktes Bankkredit.
Schwark kritisierte ebenfalls, dass die BaFin-Grundlagen für Berechnung des Provisionsdeckel auch Daten aus dem Kollektiv- und Biometrie-Geschäft enthielten. Der Verband sei „grundsätzlich gegen einen Provisionsdeckel“. Exzesse gebe es nicht bei der durchschnittlichen Vergütungshöhe. Mehr Bürokratie durch den Deckel würde die Kosten nur steigern. „Die BaFin soll gern im Einzelfall genauer hinschauen“, so Schwark.
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Einen „moderaten Deckel" hält einzig Axel Kleinlein, Vorstand des Bundes der Versicherten (BdV), für nötig. Es gebe objektiv zu hohe Kosten. Auch ein komplettes Provisionsverbot sei noch nicht vom Tisch, denn „Brüssel akzeptiert keine Interessenkonflikte“, so der Verbraucherschützer weiter. Er hält 1,5 Prozent der Beitragssumme als maximale Höhe der Vergütung für die Vermittlung von Lebensversicherungen für angemessen, drängt die Anbieter aber zugleich zu „deutlich besseren Produkten“ (procontra berichtete).
Britta Langenberg, Expertin für Vorsorge und Versicherungen der seit einem Jahr bestehenden Bürgerbewegung Finanzwende, sprach sich gegen einen Provisionsdeckel aus. „Das würde die eigentlichen Probleme nicht lösen.“ Sie plädierte dafür, Beratung und Vertrieb strikt zu trennen. Als gangbarer Weg erscheint ihr dafür die Honorarberatung. Ihr Vorschlag an Berater, sich das Honorar auch ratierlich auszahlen zu lassen, sorgte für Unmut unter den Zuhörern.
Warum der Sinn eines Deckels in Frage steht
Die ganze Deckel-Diskussion sei "Bullshit", meinte Michael Heinz, Präsident des Bundesverbandes Deutscher Versicherungskaufleute (BVK). Es gäbe weder Provisionsexzesse noch nennenswert Beschwerden, die einen Provisionsdeckel rechtfertigen würden. Regulierung sei zu akzeptieren, wenn Verbrauchern damit geholfen wird. Aber hier werde niemandem geholfen. „Damit steht der Sinn in Frage“, so Heinz weiter. Angesichts durchschnittlicher LV-Vergütung von 2,76 Prozent unter BVK-Vermittlern „nervt die Debatte“ gewaltig“, sagte der BVK-Chef. Er sei allenfalls für ein „Provisionsdeckelchen“ bei Restschuldpolicen (procontra berichtete).
In diesem Zusammenhang erinnerte CDU-Politiker Brodesser an die durchschnittlichen Einkommen der Finanzvermittler, die vor Steuern und Altersvorsorge bei rund 50.000 Euro lägen (procontra berichtete). Ratierliche Vergütung erlaube keine nachhaltige Beratung.
Zum Ende der Podiumsdiskussion waren sich alle Teilnehmer einig, dass erfolgreiche Finanzberatung 2025 direkten Kundenkontakt, markttaugliche Produkte, angemessene Vergütung und eine Zinswende benötigt, aber – bis auf Kleinlein – keinen Provisionsdeckel.
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