EU-Kleinanlegerstrategie

Provisionsverbot, Studien-Zoff und der eigentliche Wert der Beratung

Den „Kapitalmarkt für Kleinanleger attraktiver machen“ – lautet das begrüßenswerte Ziel. Ob die bisherigen Strategien dafür zielführend sind? Dafür wurden am Mittwoch die Verbände im Bundestag angehört.

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17:02 Uhr | 21. Februar | 2024

Am Mittwoch fand auf Initiative der CDU/CSU-Fraktion im Finanzausschuss die öffentliche Anhörung zum Thema „Kapitalmarkt für Kleinanleger“ statt. Die Union kritisiert die Planungen der EU-Kommission im Rahmen der EU-Kleinanlegerstrategie für neue Regeln im Bereich des Kapitalmarktrechts. Insbesondere ein Zuwendungsverbot im beratungsfreien Geschäft (partielles Provisionsverbot) stand im Zentrum der Anhörung. Das würde aus Sicht der Union niedrige Kosten für Wertpapierkäufe und eine große Angebotsvielfalt gefährden.

Austausch bekannter Argumente

Sonderlich überraschend waren die Haltungen der Sachverständigen nicht. Eingeladen und befragt von den Parteien bekräftigen sie dann deren Standpunkte zu einem (partiellen) Provisionsverbot. SPD und Grüne ließen demnach Vertreter aus dem Verbraucherschutz wie Lars Gatschke, Finanzmarktreferent der Verbraucherzentrale Bundesverband oder Dr. Andrea Liesenfeld von der EU-Kommission ihre grundsätzlichen Positionen stärken. Auf der anderen Seite riefen CDU und FDP die Vertreter aus der Banken-, Investment- und Versicherungswirtschaft in den „Zeugenstand“. Der Großteil der Anhörung befasste sich mit dem Plan eines Provisionsverbots für beratungsfreies Geschäft und dessen Folgen.

Die Argumente und das „Anmaßen von Wissen“, um die positiven Effekte eines Provisionsverbots sind weitestgehend bekannt. „Interessenskonflikte würden vermieden“ oder „Reduzierung der Produktkosten“ (Dr. Liesenfeld) heißt es von der Pro-Seite, während die Contra-Seite unter anderen mit „Beratungslücken entstünden, vor allem bei kleinen und mittleren Einkommen“ traditionell dagegenhält.

Renditevorteil durch Provisionsverbot? Streit um Studienerkenntnisse

Empirische Erhebungen helfen bekanntlich, die eigene Position zu fundieren. So zitierte Prof. Steffen Sebastian von der Uni Regensburg seine Studie zu den Folgen eines Provisionsverbots. In Ländern mit einem Provisionsverbot hätte diese Maßnahme zu einer Renditeverbesserung für den Kunden von 2 Prozent pro Jahr geführt und wäre demnach als „sinnvolle Marktregulierung für den Kunden zu werten“. Es wären nach seiner Erkenntnis weder ein Zurückgehen der Tätigkeiten der Kleinanleger noch eine Beratungslücke zu beobachten.

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Hier hielt der BVI Bundesverband Investment und Asset Management (BVI) mit einer eigenen Studie dagegen. Man könne die Studie der Uni Regensburg nicht replizieren und hätte daher eigene Untersuchungen zu den Folgen eines Provisionsverbot angestellt. Hier sei man zur Erkenntnis gekommen, dass sich der zitierte Renditevorteil von 2 Prozent pro Jahr nicht bestätigten ließ. Wohl aber, dass in Ländern wie Großbritannien oder den Niederlanden „die Aktivitäten an den Kapitalmärkten durch Kleinanleger deutlich zurückgegangen seien. Letztere bekräftigte auch Carsten Brodesser (CDU) MdB, der dies von der britischen Finanzaufsicht FCA bestätigt bekommen hätte.

Hier hielt Prof. Sebastian nochmal dagegen und bezeichnete die BVI-Studie für „wissenschaftlich nicht haltbar“ und bemängelte den Prozess der Datenselektion. Der BVI hätte sich nur auf Großbritannien und die EZB-Länder exklusive Osteuropa beschränkt, während die Uni Regensburg Erkenntnisse aus „allen OECD-Ländern“ zusammenführte.

Wert der Beratung verkannt

Bei aller Debatte um die Folgen eines Provisionsverbots wurde – leider erneut – deutlich, der der Wert der Beratung oft verkannt wird. Gerade bei hoch komplexen Themen wie der Kapitalanlage oder Altersvorsorge braucht es die persönliche Beratung. Insbesondere vor dem Hintergrund der geringen Finanzbildung in Deutschland, wie unter anderen Anja Käfer-Rohrbach vom Versichererverband GDV betonte. Sie lenkte den Blick zudem auf die Folgen der wachsenden Regulierung, die die ohnehin hohen Anforderungen an Info- und Dokumentationspflichten zusätzlich belasten würde. Das würde folglich auch die Kosten erhöhen, die man eigentlich ja senken möchte.

Auch Dr. Wolfgang Eichele, der den BVK vertrat, betonte nochmal die Rolle der Berater. Sie müssten Verbraucher davon überzeugen, etwas für ihre Altersvorsorge zu tun, statt zu konsumieren. Allein das sei in der Praxis eine große Herausforderung und Verantwortung. Ein Eingreifen ins Vergütungssystem sei weder zielführend noch notwendig. Eichele wies dafür auf die vorhandenen Instrumente durch die Aufsicht (IHK, BaFin) oder auch das bestehende Gesetz, durch §48 VAG „Beaufsichtigung der Versicherungsunternehmen /Anforderungen an Versicherungsvertrieb“ hin.

Immerhin waren sich alle einig, dass das Ziel, mehr Kleinanleger den Zugang zu den Kapitalmärkten zu erleichtern, das richtige sei, um Altersarmut zu reduzieren und die Kaufkraft zu erhalten. Bei der Umsetzung täte es hingegen gut, nicht nur bei den Kosten und erst recht nicht nur bei der Form der Vergütung anzusetzen und sich dabei in ideologisch getriebenen Debatten zu verlieren.