Steigende Pflegebeiträge

Bundesrat gibt für Pflegereform grünes Licht

Mit einem neuen Gesetz will Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach das marode System der gesetzlichen Pflegeversicherung konsolidieren. Bei den Ländern trafen die Pläne nun auf Zustimmung. Vereinzelte Kritik gab es aus Baden-Württemberg und Brandenburg.

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14:05 Uhr | 12. Mai | 2023
Gebäude Bundesrat

Mehrheitlich stimmte der Bundesrat am Freitag dem Gesetz von Karl Lauterbach für eine neue Pflegereform zu.

| Quelle: Jeremy Moeller

Die von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach geplante neue Pflegereform hat ihre erste Hürde genommen: Am Freitag stimmte der Bundesrat mehrheitlich für das sogenannte Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz (PUEG). Mit dem Gesetz sollen unter anderem die Leistungen der Pflegeversicherung angehoben und in Teilen an die allgemeine Preisentwicklung angepasst werden. Geplant ist zudem, ab 2024 das Pflegegeld und die ambulanten Sachleistungsbeträge um jeweils fünf Prozent anzuheben. Steuerzuschüsse zur Pflegeversi­che­rung sieht der Gesetzesentwurf nicht vor – auch wenn dies ursprünglich im Koalitionsvertrag angekündigt war.

Das Gesetz wird seinem Namen nicht gerecht.
Manfred Lucha, Gesundheitsminister Baden-Württemberg

Auch wenn die Mitglieder im Bundesrat mehrheitlich zustimmten – aus einzelnen Ländern regte sich Kritik an Lauterbachs Plänen. „Das Gesetz wird seinem Namen nicht gerecht. Es fehlen entscheidende Maßnahmen, um die Pflege nachhaltig zu verbessern“, sagte Baden-Württembergs Gesundheitsminister Manfred Lucha (Die Grünen) in einer Rede vor dem Gremium. So reiche die geplante Erhöhung des Pflegegeldes um fünf Prozent beispielsweise bei Weitem nicht aus, „um die häusliche Pflege zu stärken“. Insgesamt werde die Pflegeversicherung mit dem Gesetz weder „nachhaltig“ noch „zukunftsfest“ gestaltet. Unter anderem würden die Rentenversicherungsbeiträge für Pflegepersonen weiterhin von der sozialen Pflegeversicherung getragen. „Solche gesellschaftlichen Aufgaben muss allerdings der Bund finanzieren“, so Lucha. „Wir brauchen dringend Bundesmittel für die Pflegeversicherung.“

Vor einigen Wochen hatten die gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen sowie die großen Sozialverbände mit einem Brandbrief an Bundeskanzler Olaf Scholz und Finanzminister Christian Lindner gefordert, die Finanzierungslücke in der Pflegeversicherung durch Steuermittel in Milliardenhöhe auszugleichen. In dem neuen Gesetzesentwurf ist das nicht geplant.  

Brandenburgs Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Die Grünen) beurteilt die nun neu vorliegende Reform ebenfalls als unzureichend. „Das Gesetz ist eine fachpolitische Enttäuschung“, sagte sie. Die pflegerische Versorgung vor Ort bekomme in Brandenburg immer mehr Risse, der Personalmangel werde zu einem immer größeren Problem. „Pflegebedürftige verzichten bereits auf erforderliche Leistungen. Wenn die Preissteigerungen jetzt nicht ausgeglichen werden, entsteht dadurch auch eine Überforderung der Angehörigen“, unterstrich sie. Nötig sei eine Verzahnung der ambulanten Pflege mit dem System der Pflegeversicherung. Diese gesellschaftlichen Aufgaben müsse der Bund finanzieren. Dabei könnten die Herausforderungen in der Pflege nicht ohne die Länder bewältigt werden.  

Schlechtere Situtation für Familien

Nach dem Gesetzesentwurf wird sich für Familien die Situation verschlechtern. So sollen die vom Bundes­verfassungs­gericht geforderten Beitrags­nachlässe für mehr als ein Kind künftig nicht mehr dauerhaft gelten – sondern nur, bis die Kinder jeweils das 25. Lebensjahr vollendet haben. Zudem soll zum 1. Juli 2023 der Beitragssatz zur Pflegeversicherung von derzeit 3,05 Prozent auf 3,4 Prozent angehoben werden, für Kinderlose ist eine Erhöhung von 3,4 auf 4,0 Prozent vorgesehen.

Weiterhin ist mit der Reform geplant: Um den seit Jahren steigenden Eigenanteilen entgegenzuwirken, sollen die 2022 eingeführten Entlastungszuschläge ab 1. Januar 2024 angehoben werden. Dadurch solle sich der Eigenanteil bei einer Unterbringung im Heim im ersten Jahr um 15 statt bisher 5 Prozent reduzieren, im zweiten Jahr um 30 statt 25 Prozent, im dritten um 50 statt 45 Prozent. Ab dem vierten Jahr ist eine Reduzierung um 75 statt um bisher 70 Prozent vorgesehen – allerdings beziehen die Zuschläge lediglich auf die reinen Pflegekosten. Die Kosten für die Unterbringung und Verpflegung im Heim tragen die Menschen weiterhin komplett allein.

Am 1. Juli 2023 soll die Pflegereform in Kraft treten – vorher muss noch der Bundestag zustimmen.