Warum es (k)einen Superpool geben wird
In der Evolution ist der Fall klar: der Stärkere setzt sich am Ende durch. Ob man dieses Szenario auch auf die Maklerpool-Branche anwenden kann und der Superpool dabei das erstrebenswerte Ziel ist, blieb bisher noch offen. Zwar gibt es schon seit Jahren immer wieder Zusammenschlüsse und Kooperationen von einigen Unternehmen, die ihre Kapazitäten bündeln.
Doch ein Pool-Gigant, der durch seine Größe und Angebotspalette kleinere Player rigoros aus dem Markt drängt, ist bisher noch nicht entstanden. Ob sich das durch den Teilverkauf von Fonds Finanz an den britischen Investor Hg Capital jetzt ändert und dieser sogar die Ausgangsbasis für einen europäischen Superpool bilden könnte, bleibt abzuwarten. Doch der rund 200 Millionen Euro schwere Deal für einen 60-Prozent-Anteil an Fonds Finanz hat zweifellos Signalwirkung.
Das meint zumindest Oliver Pradetto, COO und Noch-Geschäftsführer von blau direkt: „Hg Capital hat für derart viel Geld gekauft, dass klar ist, dass sie auch anderen Pools attraktive Angebote machen können, um das Unternehmenswachstum weiter zu befeuern.“ Fakt ist: für den finanzstarken Private Equity-Investor ist es nicht die erste Beteiligung im deutschen Maklermarkt. Hg Capital ist bereits beim Deckungskonzeptanbieter Conceptif engagiert, sowie beim Gewerbesachmakler GGW Holding und beim Spezialmakler Howden.
Fakt ist auch, dass sich der deutsche Maklerpool-Markt im Wandel befindet, da der Druck durch bürokratische und regulatorische Anforderungen steigt und sich Kundenbedürfnisse ändern. Zudem ist viel Geld im Markt, das investiert werden will.
Digitalisierung als Treiber für Oligopol
All das treibt die Konsolidierung in der Branche. Doch das Szenario eines einzigen Superpools erwartet offenbar kaum einer und auch der Terminus per se stößt nicht überall auf Zustimmung. Vielmehr geht der Tenor in Richtung mehrerer einzelner Großpools und der wachsenden Erkenntnis, dass die Digitalisierung eine immer zentralere Rolle für den nachhaltigen Erfolg spielt.
Der Grund ist bekannt: durch automatisierte Abläufe und Standardisierung sinkt der Verwaltungsaufwand drastisch. Das spart Zeit und ist bequem – kostet aber einiges. „Die Technologieseite wird letztlich von jährlichen Investments im dreistelligen Millionenbereich bestimmt werden“, ist Pradetto überzeugt. „Da kann keiner der heutigen Pools oder Maklersoftware-Häuser mithalten.“
Die Konsequenz, die sich für ihn daraus ergibt, ist ein anziehender Trend zum Zusammenschluss, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Entsprechende Kooperationen hat es in den vergangenen Jahren wiederholt und regelmäßig gegeben – wie die von blau direkt und Wifo im Jahr 2020, um nur ein Beispiel zu nennen.
Auch Sebastian Grabmaier, Vorstandsvorsitzender von Jung DMS & Cie., sieht die Digitalisierung als einen starken Treiber für eine anhaltende und weiter anziehende Konsolidierung der Branche: „Es macht keinen Sinn, sämtliche Entwicklungen in IT und bei Prozessen oder auch die täglichen Daten- und Dokumentversorgung für ein relativ geringes Geschäftsvolumen vorzuhalten.“ Dabei geht der Trend für ihn klar in eine Richtung: „Man kann schon feststellen, dass die großen Pools immer mehr Volumen auf sich vereinigen können und der Abstand zu den kleineren wächst.“
Laufende Gespräche
„Die Wahrheit ist aber, dass hinter den Kulissen alle verhandeln“, meint Pradetto. Auch im eigenen Hause laufen bereits konkrete Gespräche. Dabei stehen drei Szenarien im Fokus. Erstens, ein Anschluss an einen anderen führenden Pool. Zweitens, der Versuch durch einen Verkauf an einen alternativen Investor selbst zu konsolidieren. Drittens, die Überlegung, eigene Technik-Vorteile vermehrt auszuspielen.
Würde das erste Szenario umgesetzt, wäre der Superpool Pradetto zufolge Realität: „Zusammen wäre man dann schnell führend und mit einem vielfach höheren Umsatz würden man gemeinsam eine fantastische Position im Markt haben.“ Allerdings glaubt auch Pradetto an mehr als einen Ton-angebenden Player und erwartet diesbezüglich rasch sichtbare Veränderungen und Verschiebungen im Markt.
Neben der Digitalisierung gibt es noch einen weiteren Treiber, der die These einer stärkeren Konsolidierung im Pool-Markt befeuert: die Altersstruktur. Denn zahlreiche Inhaber von Pools – ob klein oder größer – befinden sich im fortgeschrittenen Alter. „Einige werden die Gelegenheit zum Exit nutzen und verkaufen. Und andere werden ihre Bestände einfach auslaufen lassen“, ist Karsten Allesch, Geschäftsführer des DEMV Deutscher Maklerverbund überzeugt. „Viel mehr als drei oder vier Pool-Anbieter werden am Ende wohl nicht übrigbleiben, das merken wir schon beim Neugeschäft.“
Konkurrenz auf dem Vormarsch
Neben Zusammenschlüssen innerhalb der Branche werden mit Blick auf die anziehende Konsolidierung auch Übernahmen durch externe Investoren zusehends auf der Agenda stehen. Der deutsche Maklermarkt ist finanziell attraktiv und die Konkurrenz auf heimischem Terrain schon jetzt groß – durch Ausschließlichkeiten, Strukturvertriebe und Vergleichsportale. Und auch Bankenvertriebe, Fin- und Insurtechs strecken ihre Fühler bereits gezielt in den Markt aus.
Dazu kommen auswärtige Player, die sich das monetäre Potenzial des Markts womöglich in Zukunft erschließen wollen, wie die Tech-Riesen Amazon und Google oder der chinesische Versicherer PingAn. Diese könnten ihre fehlende Branchenexpertise dank ihrer Finanzpower und Größe kompensieren – durch entsprechende, sich ergänzende Zukäufe. Der jüngste Hg Capital Deal hat ja gezeigt, dass weiter viel Geld in den Markt fließt.
Win-Win-Situation mit Abstrichen
Die vermeintlichen Vorteile von größeren Pools sind gemeinhin bekannt: ein breiter aufgestelltes Produkt- und Technikportfolio, das von Synergieeffekten profitiert und den angeschlossenen Maklern dadurch einen Mehrwert bietet. „Das größere Unternehmen hat einen größeren Hebel, der durch gleichfalls größere Margen noch weiter verstärkt wird“, bringt Pradetto es auf den Punkt.
Ob dies in der Praxis der Realität entspricht, ist allerdings nicht garantiert. Zudem ist es nur die eine Seite der Medaille. „Die Abhängigkeit des einzelnen Maklers von seinen Dienstleistungspartnern wird damit sicher wachsen, aber nur so werden Privatkunden-Makler als bedeutende Gruppe überhaupt langfristig bestehen bleiben können“, so Pradetto.
Zudem besteht die Gefahr, dass weniger Wettbewerb am Markt auch zu weniger Innovation führt, weil der Druck fehlt und Courtagen einfacher gekürzt werden können. „Dies hat es in der Vergangenheit schon gegeben“, sagt Allesch und nennt einen weiteren Aspekt: „Aktuell bekommen Makler bei den einzelnen Pools zudem viel umsonst. Das könnte nachlassen, wenn Großpools dominieren.“
Er geht allerdings davon aus, dass es bis dahin noch rund zehn Jahre dauern wird – zumindest, was das Bestandsgeschäft angeht. Denn auch das persönliche Beziehungsmanagement sollte nicht unterschätzt werden, gerade wenn es um beratungsintensive und komplexe Punkte geht. Auch Jung DMS und Cie. Geschäftsführer Grabmaier sieht die persönliche Note des einzelnen Maklers als einen Mehrwert gegenüber den Tech-Riesen: „Die menschliche Wärme und psychologische Unterstützung müssen potenzielle Neu-Anbieter wie Google oder Amazon erst einmal anbieten können.“ Gerade wenn es darum gehe, eine Abschlussentscheidung zu bestätigen, suche die Mehrheit der onlineaffinen Kunden den menschlichen Rat.
Welchen Weg die einzelnen Pools für sich in der Zukunft wählen, wird sich zusehends zeigen. „Am Ende ist das Bauchgefühl entscheidend. Was das Beste ist, weiß man erst hinterher“, so Pradetto. Klar scheint: die laufende Konsolidierung wird ein längerer Prozess, der in Richtung eines digital-affinen Oligopols in der deutschen Pool-Landschaft zeigt, während der persönliche Kundenkontakt wichtiger wird.
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