Maklerpools zwischen Konsolidierung und Kooperation

„Für kleine Player wird die Luft dünn“

Der Maklerpool-Markt ist in Aufruhr. Wann eine Kooperation oder ein (Anteils-)Verkauf sinnvoll sind und wie sich kleine Pools noch behaupten können, erklärt die PoolRadar-Chefin Sabine Brunotte.

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13:07 Uhr | 24. Juli | 2023
Mehrere Fische bilden einen Hai, der einen anderen Hai schluckt

Die Größe von Maklerpools entwickelt sich zum entscheidenden Wettbewerbsfaktor. Wie sich auch kleine Pools noch behaupten können, erklärt die Expertin Sabine Brunotte im procontra-Interview.

| Quelle: brainmaster

procontra:

Wie schätzen Sie die aktuellen Kooperationen zwischen den Maklerpools ein?

Sabine Brunotte:

Kooperationen sind unter Maklerpools – und auch Verbünden – kein neues Phänomen. Schon früher haben Unternehmen die Vorteile der Arbeitsteiligkeit für sich entdeckt. Jeder Partner steuert bei, was er besonders gut oder günstig kann. So entstehen Synergien und die Wettbewerbsfähigkeit steigt. Ein Klassiker ist beispielsweise die Kooperation zwischen Pools mit Schwerpunkt Versicherung und reinen Investment-Anbietern. Insofern überrascht es nicht, dass Kooperationen unter Allsparten-Anbietern eher selten sind. Häufig kooperieren Pools auch mit Assekuradeuren, die attraktive Produkte und einen exzellenten Workflow bieten.

procontra:

Bei welchen Unternehmen sehen Sie derzeit die größten Bewegungen am Markt?

Brunotte:

Als besonders aufgeschlossen für Kooperationen zeigt sich der Maklerpool Blau Direkt. Das Unternehmen arbeitet seit Jahren im Verbund mit Finanz-Zirkel, Insuro, WIFO und der STATUS GmbH. In den letzten Monaten haben sich der Maklerverbund CHARTA und Phoenix Maxpool angeschlossen.

procontra:

Macht es für Unternehmen eigentlich noch Sinn, nur zu kooperieren? Oder ist es nicht besser, Pools gänzlich aufzukaufen beziehungsweise sich kaufen zu lassen – gerade, wenn ein finanzstarker Investor im Hintergrund ist?

Brunotte:

Sich kaufen zu lassen, könnte für manche Pools eine attraktive Vorstellung sein. Doch finanzstarke Investoren vergeben keinen Freibrief; sie wollen attraktive Renditen sehen. Ihr Engagement eröffnet Wachstumschancen für Pools und verlangt von diesen zugleich Disziplin. Denn wer einen Pool kauft, übernimmt schließlich dessen Aktiva und Passiva – und vielleicht die eine oder andere Leiche im Keller. Da ist sorgfältige Prüfung unabdingbar. Eine Kooperation hingegen bietet die Chance, sich Stärken des Partners zunutze zu machen, ohne für Schwächen einstehen zu müssen. Eine Kooperation kann deshalb manchmal wertvoller sein als die Übernahme. Im Lauf der Zusammenarbeit lernen sich Mitbewerber besser kennen und vielleicht auch schätzen. Der Fit von Unternehmenswerten und operativen Abläufen wird hier unter realen Bedingungen getestet. Unter diesem Aspekt ist die Kooperation einer klassischen Due Diligence Prüfung deutlich überlegen.

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Sabine Brunotte

Eine Kooperation kann deshalb manchmal wertvoller sein als die Übernahme, sagt PoolRadar-Chefin Sabine Brunotte.

| Quelle: privat

procontra:

Welche Rolle spielt die Technik bei den Kooperationen und Übernahmen?

Brunotte:

Oftmals machen technische Lösungen und Standards den entscheidenden Unterschied. Ohne eine digitale Plattform für Verwaltung, Vertrag, Angebot und Aktionen ist für Makler ein effizientes und effektives Kundenmanagement kaum noch möglich. Das haben auch Pools und Verbünde erkannt. Sie bieten ihren Vertriebspartnern mittlerweile auf breiter Front entsprechende Systeme an. Bei unserer Umfrage zum PoolRadar 2020 setzte rund die Hälfte der befragten Unternehmen auf ein eigenes System. Wer Kooperationspartner und externe Lösungen nutzt, spart den Aufwand für Entwicklung und Pflege, macht sich aber abhängig. Das betrifft nicht nur eigene Geschäftsprozesse, sondern auch Prozesse der Vertriebspartner.

procontra:

Wie können IT-Anbieter für Makler ihre Vormachtstellung sichern?

Brunotte:

Generell gilt: In diesem vergleichsweise kleinen und spezialisierten Marktsegment kommt es für IT-Anbieter darauf an, möglichst viele Anwender hinter ihrer Software zu versammeln. Das schafft Skaleneffekte und stärkt die Position gegenüber Produktgebern. Kleine Anbieter hingegen haben kaum Chancen, ihre Lösung zum Standard zu entwickeln. Für das Engagement von HG Capital beim Maklerpool DEMV könnte dessen Maklerverwaltungsprogramm durchaus eine entscheidende Rolle gespielt haben. Ansonsten kaufen Maklerpools eher etablierte Software-Entwickler als Mitbewerber. Das belegt unter anderem der Kauf von Softfair durch Fonds Finanz, aber auch Jung, DMS & Cie. mit der Übernahme von Morgen und Morgen. Die Werthaltigkeit des Investments kann durch ein Pool-Engagement allerdings schrumpfen, falls sich Zweifel an der Unabhängigkeit einstellen. Renommierte IT-Dienstleister haben hingegen noch keinen Versuch gestartet, mit dem Kauf eines Maklerpools die Verbreitung ihrer Tools im Maklermarkt zu fördern. Was nicht ist, kann vielleicht noch werden. Angesichts der aktuell aufgerufenen Preise sinkt jedoch die Wahrscheinlichkeit.

procontra:

Sind finanzstarke Investoren wie HG Capital oder Warburg Pincus eine Voraussetzung für Kooperationen oder Übernahmen?

Brunotte:

Auch ohne Private Equity beteiligen sich Maklerpools bereits an Mitbewerbern, Dienstleistern und Partnern oder integrieren sie sogar komplett. Dies ist beispielsweise der Fall für den Versichererpool 1:1 Assekuranzservice AG. Dieser hat schon vor Jahren die Pools CLARUS, ASKUMA, DePeMa und eke finance GmbH übernommen. Die Hypoport-Tochter Qualitypool integrierte schrittweise den Maklerpool und Assekuradeur ASC sowie die AMEXPool AG, und Jung, DMS & Cie kaufte den Investmentpool Komm. Im Juni 2023 legte JDC nach mit der Übernahme der deutlich größeren Top Ten Gruppe.

procontra:

Es gibt also eine Menge Bewegung auf dem Markt. Wie wird sich der Maklerpool-Markt in Zukunft weiter entwickeln?

Brunotte:

Größe entwickelt sich zum entscheidenden Wettbewerbsfaktor. Sie verspricht Skaleneffekte und den Ausbau der Marktposition. Schon jetzt verläuft die Wachstumskurve sehr unterschiedlich. Während einstige Marktgrößen seit Jahren auf der Stelle treten, gewinnen andere kontinuierlich Marktanteile hinzu. Finanzinvestoren wie HG Capital und Warburg Pincus befüllen die Finanzreserven einzelner Pools. Das verschafft jenen Spielraum für strategische Investitionen. HG Capital macht es vor: Nach dem Paukenschlag mit Marktführer Fonds Finanz hat sich HG Capital auch die Mehrheit beim Maklerverbund DEMV gesichert. Beide Unternehmen arbeiten jetzt unter dem gemeinsamen Dach der INFITECH GmbH, und Fonds Finanz promotet das Maklerverwaltungsprogramm „Professional works” des DEMV bei seinen Maklern. Auf diese Weise treibt HG den IT-Ausbau voran.

procontra:

Welche Rolle spielt der Investor Warburg Pincus für das Geschäft von Blau Direkt?

Brunotte:

Eine Mehrheitsbeteiligung von Warburg Pinkus stärkt die Kapitalbasis von Blau Direkt beträchtlich. Übernahmen sind jetzt nicht nur möglich, sondern erklärtes Ziel. Im Pflichtenheft des neuen Chief Financial Officers von Blau Direkt findet sich unter anderem die Aufgabe, potenzielle Übernahmekandidaten zu bewerten und, falls geeignet, den Weg für eine Integration zu ebnen. Das ist jetzt offenbar bei Phoenix Maxpool der Fall. Was vielleicht noch fehlt, ist ein Investmentpool. Hier dürfte Blau Direkt im direkten Wettbewerb mit Fonds Finanz stehen. Denn auch Fonds Finanz stünde eine Ausweitung des Investmentgeschäftes gut zu Gesicht. Doch über dem Geschäftsmodell der meisten Pools und Verbünde schwebt noch immer das Damoklesschwert eines Provisionsverbotes. Schon ein Provisionsdeckel könnte sich für manche Akteure als existenzgefährdend erweisen. Insbesondere Marktgrößen ist es gelungen, bei Produktgebern überproportionale Vergütungen durchzusetzen.

procontra:

Geraten jetzt kleine Pools zunehmend unter Druck?

Brunotte:

Für kleine Player wird die Luft dünn – auch ohne Restriktionen bei der Vergütung. Sie müssen sich rechtzeitig fragen, ob und warum sie auf Sicht unabhängig bleiben wollen. Und ob ihre Kraft dafür reicht. Denn Makler zu gewinnen und zu halten, fällt schwer, wenn große Mitbewerber mit kostenlosen Services und attraktiven IT-Lösungen punkten. Wir-Gefühl und Unternehmensspirit reichen da nicht aus als Bindemittel. Diese sind zudem oft personengebunden und schwinden bei einem Generationenwechsel in der Geschäftsführung des Pools. Für Investitionen in Digitalisierung fehlt häufig das Geld. Kooperationen mit anderen Pools bieten einen Ausweg, führen aber schnell in die Abhängigkeit. Zudem fällt es kleinen oder mittelgroßen Pools immer schwerer, exzellente Fachkräfte zu bezahlbaren Gehältern zu finden und zu halten.

procontra:

Wie können es kleinere Pools dennoch schaffen, sich auf dem Markt zu durchzusetzen?

Brunotte:

Pools jenseits der Top 10, die sich trotzdem behaupten wollen, müssen sich rechtzeitig eine Nische erobern. Alleinstellungsmerkmale wie nicht kopierbare Deckungskonzepte und exklusive Zugänge zu ausgewählten Zielgruppen sind hilfreich. Eine Verbundkonstruktion mit Beteiligung der Vertriebspartner sowie Direktanbindungen bei Versicherern kann ebenfalls nützlich sein. Diese setzt auf kollegialen Austausch und gemeinsame Ziele und entzieht sich so einem rein materiellen Vorteilsvergleich. Über die Zukunft kleinerer Akteure im Markt entscheiden nicht zuletzt die Produktgeber. Sie haben es in der Hand, ob sie nur noch große Player servicieren oder auch kleineren Pools und Verbünden eine Überlebenschance einräumen. In den vergangenen Monaten haben eine ganze Reihe von Versicherern ihre Maklerbetreuung neu justiert. Bedeutende Pools und Vertriebe werden zunehmend als „Key Accounts“ betreut. Welche Services und Gesprächspartner weniger bedeutende Akteure erwarten können, bleibt offen.