App erzürnt Vermittler

Wie transparent ist das Finanzguru-Maklermandat?

Einige Vermittler ärgern sich über die App Finanzguru. Diese sei ein Bestandsräuber, unterstützt vom Maklerpool Jung, DMS & Cie. Doch die beiden Akteure sehen das völlig anders.

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15:07 Uhr | 03. Juli | 2023
Finanzguru

Laut eigenen Angaben hat Finanzguru bereits über 1,5 Millionen Nutzer und über 100.000 Versicherungskunden.

| Quelle: Finanzguru

Wut und Empörung empfinden mehrere Vermittler dieser Tage, wenn sie an die App Finanzguru denken. Das ist ihren Kommentaren in Online-Foren zu entnehmen. Der treue Kunde habe sich plötzlich an ihn angewandt, ganz überrascht und aufgeregt darüber, dass er nun einen anderen Betreuer für seine Versicherungen bekommt, berichtet ein Vermittler. Dabei habe er dies gar nicht gewollt. Schnell schließen sich dem Verfasser einige Kollegen an, die offenbar bereits die gleichen Erfahrungen mit der App gemacht haben, die Ordnung in die alltägliche Finanzsituation von Verbrauchern bringen will. Die Kunden würden nicht verstehen, dass sie bei der Erfassung ihrer Versicherungsverträge über die App ein Maklermandat unterschreiben und damit ihren gesamten Bestand an Finanzguru übertragen würden, lautet der Vorwurf. Erinnerungen an Knip werden wach, die damals oft als „Bestandsräuber“ bezeichnet wurden.

Aber ist dieser Vorgang bei Finanzguru, das nach eigenen Angaben bereits über 1,5 Millionen Nutzer und über 100.000 Versicherungskunden hat, nicht transparent genug? „Wir fragen unsere Kundinnen und Kunden vor Erteilung des Maklermandats, ob sie bereits einen Makler haben. Falls die Kunden angeben, bereits einen Makler zu haben, weisen wir sie explizit darauf hin, dass durch die Erteilung des Maklermandats an Finanzguru der bestehende Makler ersetzt wird. Dieser Hinweis wird sogar dann angezeigt, wenn Kunden angeben, nicht zu wissen, ob sie durch einen Makler betreut werden“, erklärt Finanzguru-Geschäftsführer Alexander Michel auf procontra-Nachfrage.

Keine ungefragten Vertragsumdeckungen

Was sich transparent anhört, reicht aber anscheinend nicht für alle Nutzer aus. Neben den Berichten von Maklern und Vertretern in ihren Diskussionsgruppen finden sich auf Verbraucher-Bewertungsportalen wie Finanzfluss ähnliche Feedbacks von Kundenseite. Zwar sind die Bewertungen für Finanzguru überwiegend positiv, die wenigen negativen Feedbacks stammen aber oft von Nutzern, die ganz überrascht waren, dass sie plötzlich einen neuen Betreuer hatten oder angeblich sogar ihre Verträge ungefragt umgedeckt wurden.

Die Gerüchte über ungefragte Vertragsumdeckungen sind, Michel zufolge, schlicht falsch. Seine App könne Einsparpotenziale zu gleichen Leistungen ermitteln. Tatsächliche Umdeckungen müssten aber jedes Mal schriftlich vom Kunden beauftragt und bestätigt werden. Und zum Thema Betreuerwechsel sagt der Finanzguru-Chef: „In einzelnen Fällen ist es auch vorgekommen, dass ein Kunde trotz der transparenten Kommunikation den Makler unbewusst gewechselt hat. In diesen Fällen erklären wir dem Kunden, wie er das Mandat bei uns über einen einfachen digitalen Prozess kündigen kann.“

App auch für klassische Makler nutzbar

Hinter Finanzguru steht unter anderem der Maklerpool Jung, DMS & Cie. Manche Vermittler zeigen sich erbost darüber, dass die Münchener als Partner vieler klassischer persönlicher Makler solche Systeme unterstützen. Ein Vorwurf, den der Jung, DMS & Cie-Vorstandsvorsitzende Dr. Sebastian Grabmaier nicht nachvollziehen kann: „Transparenter kann man es Kunden nicht machen und man weiß als Kunde in der Bedienführung genau, was man tut.“ Als technischer Abwickler für die App sehe er zudem, dass die Widerspruchsquoten der Kunden denkbar gering seien. „Da ist schon ein äusserst großer Unterschied zur ersten InsurTech-App Knip, die sich letztlich auch wegen der hohen Anzahl der Kundenwiderrufe nicht durchsetzen konnte“, so Grabmaier.

Dass die Bestandsübertragungen per App das Geschäft und die Beziehung mit den klassischen Vermittlern torpedieren, die ja ebenfalls Partner von Jung, DMS & Cie sind, verneint der Maklerpool-Chef entschieden. Im Prinzip handle es sich dabei um die Pool-eigene App „allesmeins“, die die Münchener ihren Partnern schon seit Jahren anbieten. Teilnehmende JDC-Vermittler könnten diese ebenfalls ihren Kunden empfehlen und auf diesem Wege Betreuer für deren sämtliche Verträge werden. Dies sei, laut Grabmaier, ein „Turbo fürs Geschäft“.

Genaue Zahlen zu Stornoquoten von Verträgen, Wiederrufe von Maklermandaten oder umgedeckte Verträge durch Finanzguru wollten beide Parteien nicht mitteilen. Tatsache ist aber auch, dass unter den Social-Media-Kommentaren von unzufriedenen Vermittlern fast immer auch Kommentare von Kollegen finden, die das Vorgehen von Finanzguru und anderen Apps mit digitalem Bestandsübertragungsprozess verteidigen und gutheißen.