Produktcheck

Was taugt der Krebs Scan der HanseMerkur?

Viel Aufmerksamkeit hat in den vergangenen Wochen ein neues Produkt der HanseMerkur auf sich gezogen: der sogenannte Krebs-Scan, hinter dem sich der Tarif namens „ZY“ des Versicherers verbirgt.

10:07 Uhr | 17. Juli | 2023
Oliver Mest

Versicherungsmakler Oliver Mest durchleuchtet für procontra verschiedene Versicherungsprodukte.

| Quelle: procontra

Was leistet der Tarif?

Kernpunkt der Leistungen ist die Früherkennung einer möglichen Krebserkrankung mittels eines innovativen Bluttests (der sog. PanTum Detect®) inklusive der Lokalisation möglicher bösartiger Neubildungen unter Einsatz von CT und MRT.

Dazu gibt es bei einer Krebsdiagnose ergänzende Kostenübernahmen, etwa für die Wahlleistungen bei der Unterbringung und Behandlung im Krankenhaus. Mehrkosten für die freie Krankenhauswahl werden ebenso getragen wie Transportkosten, der Tarif sieht zudem ein Kurtagegeld und eine Ersatzleistung vor, wenn Wahlleistungen im Krankenhaus nicht in Anspruch genommen werden.

Dazu kommen Assistenz-Leistungen wie eine Unterstützung bei der Arzt- und Krankenhausauswahl, ein Arzt-Termine-Service, eine Arzneimittelberatung und eine ärztliche Zweitmeinung auch vor Operationen. Die Beiträge werden in zwei Altersgruppen kalkuliert: Bis 70 Jahre liegt der Beitrag bei 27,50 Euro im Monat, in den ersten zwölf Monaten ist er reduziert auf 19,83 Euro. Die Generation Ü70 zahlt 43,50 Euro im Monat.

Worin bestehen die Vorteile?

Eine effektive Krebsvorsorge darf nicht an den Kosten scheitern: Das ist der sinnvolle Grundgedanke des Tarifes ZY, vor allem vor dem Hintergrund der heutigen GKV-Leistungen für die Krebsvorsorge nachvollziehbar. Und natürlich ist es aus Sicht der Versichertengemeinschaften immer sinnvoller, die Vorsorge zu unterstützen, als bei einer nicht erkannten Krebserkrankung nur noch behandeln zu können. Der Tarif der HanseMerkur ist zudem als durchgehender Prozess von der Früherkennung über die Lokalisation mit einer Bildgebung bei einer möglichen Erkrankung bis zu ergänzenden Behandlungsmaßnahmen bei einer Krebserkrankung ausgelegt. Der Zugang zum Schutz ist zudem recht einfach gestaltet, es gibt nur eine Gesundheitsfrage, die auf Krebserkrankungen in der Vergangenheit abzielt.

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Kritikpunkte

Die HanseMerkur wirbt mit dem Argument, der Tarif übernehme bei einer Erkrankung die Kosten für einen Krebsspezialisten. Tatsächlich wird die Kostenübernahme beim Tarif ZY im stationären Bereich allerdings gedeckelt auf die Höchstsätze der Gebührenordnung für Ärzte. Im Bereich der stationären Zusatztarife ist es allerdings mittlerweile üblich, die Kosten bei gesondert berechneter privatärztlicher Behandlung auch über die Gebührensätze hinaus zu übernehmen, um wirklich Zugriff auf alle Behandler zu ermöglichen. Die Kostenübernahme für den Krebsspezialisten ist also zumindest mit einem dicken Sternchen versehen.

Neben diesem leistungsspezifischen Merkmal stoßen bei dem Tarif zwei weitere Punkte auf:

Gesundheitsvorsorge ist zum einen ein zu wichtiges Thema, um es „nur“ auf Krebserkrankungen zuzuspitzen – deswegen ist ein Vorsorgetarif, der lediglich diesen einen Bereich der Neubildungen abdeckt, im Sinne einer ganzheitlichen Vorsorge wenig zielführend.

Zum anderen stellt sich aus Patientensicht natürlich die Frage, warum es einen Zusatztarif braucht, um mit dem Bluttest die Vorsorge stärken zu können. Eine solche Vorsorge sollte schon aus Präventionsgedanken der gesamten Versichertengemeinschaft offenstehen.

Wer ist die Zielgruppe? 

Schaut man sich die Vertriebsunterlagen zum Tarif an, sollen vor allem Kunden angesprochen werden, die bereits mit einer Diagnose in Berührung gekommen sind – etwa bei einem Familienmitglied. Aber insgesamt spricht ein solches Produkt natürlich vor allem Kunden an, bei denen die Sorge vor einer Krebs-Erkrankung groß ist und die sich eine umfassendere Vorsorge wünschen.

Tipps für den Vermittler und die Vermittlung

Die HanseMerkur spricht im Zusammenhang mit ihrem Produkt davon, dass ein Fokus auf die Vorsorge den Vorteil hat, dass der Vermittler die Sorgen und Probleme nicht ansprechen muss, die eine Krebs-Erkrankung mit sich bringen. Das allerdings kann kaum der Anspruch einer Kundenberatung sein.

Gerade bei der Sorge der Kunden vor einer Krebs-Erkrankung kann sich eine Versicherungsvermittlung eben nicht auf die Vorsorge beschränken, sondern muss die Gesundheitsvorsorge insgesamt ebenso thematisieren wie die Arbeitskraftabsicherung und den Hinterbliebenenschutz. Wenn nicht beim Thema Krebs eine umfassende Beratung angezeigt ist, wo denn dann?

Eine separate und ausschließlich Beratung zum Tarif ZY sollte wirklich gut dokumentiert und der Verzicht des Kunden auf weitere Produkte vermerkt werden. Insgesamt emotionalisiert das Thema Krebs den Kunden natürlich sehr – und das machen sich Versicherungen mit dem Begriff  „Krebs“ im Namen immer zunutze. Gut finden muss man das nicht zwangsläufig.

Fazit

Das Thema Vorsorge ist immens wichtig – aber eben weiter zu denken als über die reine Krebsvorsorge hinaus, die zudem auch noch an ein ganz bestimmtes Testverfahren gekoppelt ist. Fast alle Krankenversicherungen bieten attraktive ambulante Tarife an, bei denen Vorsorgeuntersuchungen im Budget enthalten sind. Die UKV zum Beispiel erstattet Vorsorgeuntersuchungen im Tarif VorsorgePrivat bis zu 500 Euro im Jahr voll, die Barmenia übernimmt im ambulanten Zusatztarif Mehr Gesundheit die Kosten sogar bis zu 2.000 Euro pro Jahr. Und damit sind die Kosten für alle Vorsorgeuntersuchungen abgedeckt, die die Kassen nicht tragen.

Übrigens: Selbst die HanseMerkur bietet einen ambulanten Zusatzschutz an, der Vorsorgeuntersuchungen bis zu 400 Euro über 24 Monate abdeckt – Kostenpunkt 14,90 Euro bis zum 69. Lebensjahr. Und natürlich lässt sich dieser ambulante Schutz bei allen Anbietern mit einer Krankenhauszusatzversicherung ergänzen, sodass der Krebs-Spezialist dann mit im stationären Versicherungsschutz eingeschlossen ist.