Verfügungen, Vollmachten und Co.

Vorsorge für den Notfall: Kann man in 7 Tagen alles regeln?

Wer denkt schon gerne an die Vorsorge im Falle einer schweren Krankheit, eines Unfalls oder einer Straftat? Das Problem: Wer keinen Plan hat, bringt sich und andere in Not. Warum eine gute Vorsorge mit geringem Aufwand zu stemmen ist und welche Rolle Versicherungsmakler dabei spielen, erklärt Experte und Buchautor Oliver Mest.

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08:09 Uhr | 13. September | 2023
Oliver Mest

Buchautor und Versicherungsmakler Oliver Mest ist überzeugt: Eine gute Vorsorge für den Notfall ist in 7 Tagen zu schaffen.

| Quelle: privat

procontra:

Viele schieben das Thema Notfallplan für den Fall, das ihnen etwas zustößt, auf die lange Bank. Oft fehlt es an Patientenverfügung, Vollmachten und einer Übersicht über bestehende Versicherungen. Denn der Aufwand scheint riesig. Nun kommen Sie und sagen: In sieben Tagen lässt sich die Vorsorge in den Griff bekommen. Lässt sich das Thema wirklich in so kurzer Zeit durchexerzieren?

Oliver Mest:

Das ist in sieben Tagen zu schaffen. Ich würde jetzt nicht gerade vorschlagen, das von Montag bis Sonntag in einem Rutsch durchzuziehen – das ist vielleicht etwas viel Input und hätte wirklich etwas von einem militärischen Exerzieren. Aber wenn man sich über zwei, drei Wochen verteilt sieben Tage Zeit nimmt, dann kann man das Thema tatsächlich für sich ad acta legen.

procontra:

Der Aufwand, um gut vorzusorgen, ist minimal, behaupten Sie. Was muss eine gute Notfallplanung beinhalten? Und können Leser Ihres Buchs anschließend tatsächlich alles ohne Beratung und Notar regeln?

Mest:

Wer sich um eine Vorsorgevollmacht und eine Patientenverfügung kümmert, wer dann noch mit Kindern die Themen Sorgerechtsverfügung beziehungsweise -vollmacht für sich klärt, der hat schon den Löwenanteil erledigt. Wenn dann noch die Haustiere mit einer entsprechenden Verfügung versorgt sind, die Trauerverfügung steht und natürlich auch die finanzielle Vorsorge rund ist, dann kommt danach nur noch die Kür. Und das kann jeder mit dem Buch wirklich allein auf die Reihe bekommen – inklusive aller Vorlagen, die wir den Lesern über eine dazugehörige Website anbieten.

procontra:

Sie sind selbst Versicherungsmakler, haben aber ein Buch geschrieben, in dem Verbraucher alles Wichtige zum Notfall-Plan erfahren. Machen Sie damit Ihren Berufsstand obsolet?

Mest:

Nein, überhaupt nicht. Zum einen braucht es immer jemanden, der die Menschen anstößt, der das Thema Notfallplanung überhaupt erst einmal lostritt im Kopf der Leute. Da muss es ja erst einmal Klick machen, damit sie sich damit auch wirklich damit beschäftigen – das ist eine erste Aufgabe für uns Makler. Und danach kann es immer wieder Situationen geben, wo ich den Rat eines Experten benötige, den Rat eines Versicherungsmaklers oder -vermittlers. Und spätestens in einer Notfallsituation müssen wir als Makler ja da sein für die Kunden oder deren Familie, um die Umsetzung der Notfallplanung zu begleiten.

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procontra:

Warum braucht es trotz Ihres Buchs noch eine Finanz- und Versicherungsberatung von Mensch zu Mensch?

Mest:

Man muss ganz ehrlich sein: Das Buch ist eine spannende Lösung, wenn man seine Vorsorge in den Griff bekommen will. Aber dennoch wird es immer Menschen geben, die eine persönliche Beratung benötigen. Aus dem Buch selbst wird sich viel Beratungsbedarf mit einem Experten ergeben. Wer das Buch liest, sieht: Ok, ich brauche in einer Notfallsituation Menschen, die mir beiseite stehen. Das sind natürlich die Partnerin oder der Partner, die Kinder, Freunde. Aber es ist immer auch der Versicherungsmakler: Er kennt den gesamten Vorsorgestatus im Idealfall und weiß, an welchen Strippen gezogen werden muss, um zum Beispiel Versicherungsleistungen zur Auszahlung zu bringen. Das hat viel mit Vertrauen zu einem persönlichen Ansprechpartner zu tun. Das Buch kann helfen, die Weichen in die richtige Richtung zu stellen: Aber abgefertigt wird der Zug immer noch per Hand, von Mensch zu Mensch.

procontra:

Was vergessen die meisten, wenn es darum geht, für den Notfall eine Vorsorge zu treffen?

Mest:

Das Schlimme ist: Die meisten Menschen kümmern sich so wenig um ihre Vorsorge, dass es einfacher ist aufzuzählen, was sie nicht vergessen. Aber mal im Ernst: Vorsorge wird oft nicht zu Ende gedacht. Was nützt es meiner Familie, wenn ich irgendwo im Internet eine Lebensversicherung abschließe, aber absolut niemand einen Schimmer hat, wie die Familie im Ernstfall an ihr Geld kommt? Ich bin dann ja nicht mehr da! Oder nehmen wir die BU-Versicherung: Ich sichere mich toll ab und bin dann nach einem Unfall ein Pflegefall. Im schlimmsten Fall weiß niemand, dass eine BU besteht und die Leistung kommt nicht zur Auszahlung. Deswegen ist es wichtig, nicht nur den perfekten Schutz zu haben, sondern auch jemanden, der sich um die Leistungsauszahlung kümmert, wenn ich es nicht mehr kann. Denn das ist das Schlimmste, was passieren kann, wenn wir uns nicht kümmern: Die Vorsorge greift nicht.

procontra:

Sie schreiben auch über den sogenannten AUA-Effekt? Was verbirgt sich dahinter?

Mest:

Das ist ein Akronym, das wir häufig in der Beratung zur Wohngebäude- oder auch Hausratversicherung verwenden. Es steht für 1. Absicherung, 2. Unterstützung sicherstellen und 3. Alle Dokumente hinterlegen. Und es bedeutet für unsere Kunden nichts anderes, als sich nicht nur über den Umfang der Versicherung Gedanken zu machen. Es muss auch darum gehen, dass sich im Ernstfall jemand kümmert, damit Schäden reguliert werden – bei unseren Kunden sind ja wir als Makler in aller Regel damit betraut. Es geht also auch darum, gemeinsam mit dem Makler oder einem Vertrauten alle Dokumente griffbereit zu haben, um in einem Schadensfall schnell reagieren zu können. Und damit sind nicht nur die Policen gemeint, sondern zum Beispiel auch die Schlüsselliste, damit man etwa nach einem Einbruch weiß, wer einen Schlüssel hatte. Oder es geht um eine Passwortliste, wenn Geräte gestohlen werden, die passwortgeschützt sind.

procontra:

Das Leben nach dem Tod lässt sich planen, schreiben Sie. Wie sollten Makler dabei beratend unterstützen?

Mest:

Ein heikles Thema, und dennoch so wichtig. Denn uns allen liegt doch am Herzen, dass unsere Familie abgesichert ist, wenn wir sterben, dass unser Haustier versorgt wird, dass wir eine Trauerfeier und eine Bestattung haben, die wir uns immer gewünscht haben. Aber wenn wir uns darum nicht zu Lebzeiten kümmern, dann kennt niemand unsere Wünsche. Wie sollen sie dann umgesetzt werden? Wir als Makler haben ja mehr Distanz zum Kunden, zu seiner Familie, zu seinem Umfeld. Wir sind eigentlich dafür gemacht, aus dieser Distanz heraus das Thema anzusprechen und die Notfallplanung mit dem Kunden zu regeln.

procontra:

Warum müssen Makler erst noch für das Thema sensibilisiert werden?

Mest:

Weil sie sich damit oft überfordert fühlen. Manchen ist das zu emotional, manche haben Angst, die Grenze zur unerlaubten Rechtsberatung zu überschreiten und wieder andere sehen da kein Geschäftsmodell und sträuben sich deswegen. Dabei gibt es natürlich ein Geschäftsmodell dahinter, etwa die Mission Service mit Peter Süßengut, mit der wir auch zusammenarbeiten. Und wenn das professionell aufgesetzt wird, besteht überhaupt keine Gefahr, dass eine unerlaubte Rechtsberatung stattfindet. Bleibt nur die emotionale Distanz – und die kann eigentlich jeder Vermittler lernen.

procontra:

Welchen Mehrwert bietet ihr Buch für Makler, es wendet sich ja in erster Linie an Verbraucher?

Mest:

Klar, das Buch richtet sich erst einmal an Kunden, aber es ist für Vermittler wertvoll. Denn es zeigt, wie viele Anknüpfungspunkte es für eine ganzheitliche Beratung zum Notfallmanagement gibt. Es zeigt auch, wie wichtig das Thema für den Kunden tatsächlich ist. Der Berater oder die Beraterin sehen, mit welchen Tools man den Kunden dort auch betreuen kann und last but not least: Wer das Buch durchliest, wird rasch feststellen, wie viel Geschäftspotenzial da drinsteckt.

procontra:

Welche Geschäftsmodelle stecken in der Generationenberatung?

Mest:

Natürlich ist die Begleitung der Generationenberatung in der Regel Bestandteil einer Servicevereinbarung, also einer monatlichen Gebühr, die der Kunde zahlt. Zudem werden die Kunden in der Notfallplanung in der Regel zum Vollmandat, was weitere Courtage- und Provisionserlöse mit sich bringt. Und es ist ein fantastisches Empfehlungsgeschäft, denn wer sich als Makler mit dem Thema Generationenberatung positioniert, der wird aus dem Umfeld jedes einzelnen Kunden schnell kontaktiert: Denn wenn A sieht, wie B vorgesorgt hat, dann will A das auch.

procontra:

Sie bieten Ihren Lesern eine kostenlose, fünf Jahre ab Buch-Kauf geltende Aktualisierungsgarantie an. Dient Ihr Buch also auch der Neukundengewinnung?

Mest:

Nein, das hat einen ganz anderen Grund: Wir wollen die Leute schon nahe am Thema halten. Es nützt nichts, heute alles auf den Weg zu bringen zum Thema Notfallplanung und dann ändert sich nächste Woche der rechtliche Rahmen. Da wollen wir dann schon signalisieren können: Hier, lieber Verbraucher, Du musst das gegebenenfalls ändern!

procontra:

Makler, die ein Unternehmen führen, werden ja sicher wissen, was sie zu tun haben für ihre eigene Notfall-Vorsorge?

Mest:

Denkt man, ist aber leider nicht so. Hier dürfte die durchschnittliche Quote derer, die alles geregelt haben, bei unter 20 Prozent liegen. Und das ist natürlich fatal. Wer als Einzelmakler agiert, dessen Direktanbindungen enden an dem Tag, an dem er stirbt. Damit sinken diese Einnahmen auf null. Bei Pool-Anbindungen sieht es etwas besser aus, da werden auch Modelle einer Vererbung des Bestandes angeboten. Aber Fakt ist: Ohne eine entsprechende Unternehmervollmacht kann niemand das Unternehmen weiterführen beziehungsweise abwickeln. Es steht alles still und fährt dabei wahrscheinlich gegen die Wand. Und wenn der geschäftliche Bereich nicht geregelt ist, dann wird auch im Privaten vieles im Argen liegen. Dann sind wir beim schon so oft bemühten Schuster, der immer die schlechtesten Schuhe trägt. Die müssen wir als Makler neu besohlen!

Hinweis: Der Versicherungsmakler Oliver Mest ist procontra-Kolumnist und schreibt in regelmäßigen Abständen in seinem Produktcheck über ausgewählte Versicherungstarife. Sein Buch „Mein Wille geschehe. In 7 Tagen Ihre Vorsorge im Griff“ erscheint am 13. September im Campus Verlag.