Schwieriger Wechsel in die private Krankenversicherung

Vermeintliche psychische Diagnose als PKV-Killerkriterium?

Wer sich schon mal eine AU geholt hat, ohne wirklich krank gewesen zu sein, könnte sich nun ärgern. Denn oft wählen Ärzte als Grund eine psychische Erkrankung. Das kann den Wechsel in die private Krankenversicherung erschweren.

Author_image
14:06 Uhr | 14. Juni | 2022
Mann ängstigt sich

Manchmal wählen Ärzte als Begründung für eine Krankschreibung ein psychisches Leiden. Verbraucher haben es dann schwer in die private Krankenversicherung zu wechseln.

| Quelle: Iphotography

Psychische Erkrankungen sind weiter auf dem Vormarsch: Die Anzahl der Krankschreibungen, denen eine psychische Diagnose zugrunde liegt, steigt seit 2006 kontinuierlich an, wie das Statistische Bundesamt mitteilt. Dabei seien zu Beginn der Jahrtausendwende noch überproportional viele Arbeitslose von den F-Diagnosen (gemäß der internationalen Klassifikation der Krankheiten) betroffen gewesen. Dieser Trend hat sich nun umgekehrt: Gegenwärtig sind es vor allem Berufstätige mit psychisch bedingten Fehlzeiten, so die Wiesbadener Statistiker.

Allerdings gibt es möglicherweise auch auf Seite der Ärzte den Trend, besagte Diagnosen auf einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu vermerken, wenngleich die möglicherweise nicht unbedingt den Tatsachen entspricht. Das zumindest vermutet der auf PKV-spezialisierte Makler Sven Henning. In einer aktuellen Anfrage, die er auf seinem Blog schildert, geht es um einen Mann, der vor dem Hintergrund eines anstehenden Beamtenverhältnisses gerne in die PKV eintreten möchte. Allerdings habe er sich während seiner Studienzeit einmal 2015 und ein weiteres Mal 2016 krankschreiben lassen, weil er nicht für die anstehenden Prüfungen gelernt hatte. Die damalige Diagnose lautete „F40- sonstige Störungen“.

Lohnt sich überhaupt noch eine Voranfrage?

„Leider nutzen Ärzte dafür oftmals psychische und psychosomatische Diagnosen, denn diese sind am schwierigsten nachzuvollziehen“, glaubt Makler Henning. „Eines meiner Highlights ist eine solche psychosomatische Diagnose, welche ein Augenarzt gestellt hat. Plötzlich tauchte in der Patientenquittung bei einer augenärztlichen Routineuntersuchung eine psychosomatische Störung auf“, berichtet Henning.

Wenngleich in dem genannten Beispiel des Beamtenanwärters eine solche Erkrankung nicht tatsächlich vorgelegen habe, fragt der einstige Student nun, ob eine Voranfrage bei einem PKV-Anbieter schon im Vorhinein zum Scheitern verurteilt ist. „Kaum jemand wird Wochen, Monate oder Jahre später belegen oder gar beweisen können, dass sie eine solche psychische oder psychosomatische Erkrankung oder Störung nicht hatten.“ Inwiefern eine psychische Diagnose ein Killerkriterium ist, um noch in die PKV zu wechseln, ist bei weitem nicht eindeutig.

Zwar bestehe immer noch die Möglichkeit, über eine Öffnungsaktion an den gewünschten Versicherungsschutz zu kommen – hierbei werden allerdings Zuschläge von bis zu 30 Prozent fällig. Auch der gewünschte Tarif ist nicht zwingend erhältlich.

Diese Option bestehe sogar, so Henning, wenn ein Erstverbeamteter sich noch in einer psychotherapeutischen Behandlung befindet. Für alle anderen PKV-Interessierten gelte jedoch: Wer sich in einer medikamentösen Therapie oder noch nicht abgeschlossenen Psychotherapie befinde, für den ist eine Aufnahme „nahezu unmöglich“.

Auf den Abfragezeitraum kommt es an

Generell muss eine F-Diagnose nicht zwingend den Eintritt in die PKV verwehren: Liegt sie beispielsweise bereits länger zurück und hat die betreffende Person darüber hinaus keine psychotherapeutischen Sitzungen wahrgenommen, stehen die Chancen wiederum gut.

Zumal der Spezialmakler auch deutlich macht, dass es stets auf den Einzelfall ankomme, aber auch auf die Kulanz des jeweiligen Anbieters. So sollten GKV-Wechselwillige zunächst einmal offen und ehrlich mit der gestellten Diagnose und den Hintergründen umgehen und beides benennen.

Dabei müssen Verbraucher unbedingt ihre Krankenakte anfordern und konkret darlegen, ob es neben der Krankschreibung mit F-Diagnose noch andere dazugehörende Behandlungen gegeben habe. Darunter fallen medikamentöse und psychotherapeutische Behandlungen. Auch müssen Verbraucher herausfinden, wenn sie es nicht mehr wissen sollten, ob es eventuelle Überweisungen an einen Neurologen, Psychotherapeuten oder Psychiater gegeben hat, die in Anspruch genommen worden sind.

In dem Fall des ehemaligen Studenten ist Makler Henning gewiss, dass der Wechsel in die PKV möglich sei. Doch rät er in jedem Fall: Man sollte sich immer zweimal überlegen, ob man sich krankschreiben lässt, ohne wirklich krank zu sein.