Adventskalender-Türchen 4

Steile These 2024: „Provisionsverbot wird beschlossen“

Gewagt? Absurd? Oder doch gar nicht so unwahrscheinlich? procontra stellt einige steile Thesen für 2024 auf und beleuchtet ihre Wahrscheinlichkeit. Heute im Türchen: Die Dauerdebatte um die Provisionsvergütung.

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05:12 Uhr | 04. Dezember | 2023
Steile These 2024: „Provisionsverbot wird beschlossen“

Hintergrund: 
Art. 30 Abs. 5b im Entwurf der EU-Kleinanlegerstrategie enthält eine Formulierung, die zu einem Provisionsverbot für unabhängige Vermittler von Versicherungsanlageprodukten führen könnte.

Der Aufschrei in der Branche war groß. Bisher ist nicht klar, ob sich der Begriff „Unabhängigkeit“ im Entwurf auf den Status des Maklers oder auf die Dienstleistung im Einzelfall als solche bezieht. Ergebnis im ersten Fall: „Makler, die Courtage erhalten, wären im Wettbewerb gegenüber gebundenen Vertretern massiv benachteiligt und diskriminiert. Sie wären praktisch nicht mehr wettbewerbsfähig“, so AfW-Vorstand Norman Wirth. Inzwischen wurden mehrere Gutachten erstellt und viel diskutiert.

Klar ist: Die Provisionsverbote für das reine Ausführungsgeschäft (Execution-only) und im Falle eines Versto-ßes gegen das bestmögliche Interesse des Kunden werden kommen. Was aber aus einem Provisionsverbot für die oben erwähnten Makler wird, ist bisher Auslegungssache. Die Berichterstatterin des EU-Parlaments, Stéphanie Yon-Courtin, hat sich jüngst deutlich gegen die Pläne der Kommission ausgesprochen.

Wir müssen uns wehren und jegliche europarechtswidrige Eingriffe in den Markt verhindern.
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Norman Wirth, AfW-Bundesverband

Offen ist, ob sie eine Mehrheit für ihre Haltung organisieren kann. Die Verbände – mittlerweile fordert auch der BVK die Streichung des umstrittenen Passus – argumentieren unentwegt. „Wir führen ständig Gespräche – mit Politikern in Deutschland und auf EU-Ebene, direkt oder über unseren europäischen Dachverband FECIF. Wir stimmen uns dabei mit guten Partnern in Deutschland und auf EU-Ebene ab“, so Wirth.

Die Europawahlen im Juni 2024 werden den Gesetzgebungsprozess nicht unterbrechen, höchstens verzögern. Möglich wäre eine Kompromissfindung zwischen EU-Kommission, EU-Parlament und Rat der EU. Über rechtswissenschaftliche Munition verfügen die Verbände jedenfalls.

Prognose: 
Das Rennen ist offen. Es wäre aber nicht das erste Mal, dass die Argumente der Lobbyverbände des größten EU-Landes verfangen, insbesondere wenn man diesmal mit einer Stimme spricht.
Wahrscheinlichkeit der These: 40 Prozent