Marktanalyse

So objektiv arbeiten Vergleichsrechner

Vergleichsrechner gehören zu den Standardtools vieler Makler. Neue Eigentumsverhältnisse und Planungen lassen allerdings aufhorchen, ob die Objektivität weiter gewährleistet wird.

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08:06 Uhr | 02. Juni | 2023
Junge mit Apfel und Birne in der Hand

Inmitten komplexer Versicherungstarife und Bedingungswerke sind Vergleichsrechner von großer Bedeutung für Makler.

| Quelle: Penelope Graßhoff

In einer Welt komplexer Versicherungstarife und detaillierter Bedingungswerke sind elektronische Vergleicher von größter Bedeutung für Makler. Mittlerweile befinden sich die Platzhirsche der Branche – Franke und Bornberg, Morgen & Morgen und softfair – alle in Besitz eines Versicherers oder eines Pools. Einige Beobachter fragen sich, ob die Vergleicher noch unabhängig von ihrem Eigentümer arbeiten beziehungsweise die angezeigten Analyseergebnisse noch objektiv sind. 

Vergleiche gestalten sich schwierig 

Hans-Peter Schwintowski, Rechtswissenschaftler und Versicherungsexperte, beruhigt: „Bei einem Vergleich der Vergleicher muss nicht Gleiches rauskommen“. Denn dafür müsste man bei einem Test exakt die gleichen Parameter zu Grunde legen und präzise vorgeben, welche Bedingungen mit einbezogen werden. Bei einem schnell mal eben durchgeführten Abgleich der Ergebnisse ist das naturgemäß nicht der Fall. 

Auch legt Schwintowski zufolge zum Beispiel ein Rechner bei den jeweils analysierten Tarifen den Fokus auf den Preis, ein anderer eher auf die Leistungsmerkmals und ein dritter präsentiere bevorzugt Tarife mit dem besten Preis-Leistungsverhältnis. Allein deshalb können Ergebnisse unterschiedlicher Vergleicher bei gleicher Anfrage voneinander abweichen. Und Manuela Wolf von den Versicherungsforen Leipzig betont, dass man Vergleicher auch nach der Art ihrer Finanzierung unterscheiden sollte. Anbieter wie softfair oder Morgen & Morgen finanzierten sich über Lizenzen, die insbesondere von Makler genutzt werden. Demgegenüber erhielten Vergleicher mit Registrierung als Makler wie Check24 Provisionen von den Produktgebern. 

„Strikte Trennung“ 

Laut Schwintowski ist für die Unabhängigkeit eines Vergleiches in Besitz eines Versicherers oder Pools entscheidend, ob der Mehrheitseigentümer Einfluss auf die Auswahl der Produkte nimmt und ob das Management und die Mitarbeiter frei entscheiden könnten. Dazu heißt es bei softfair: „Als Vergleichs- und Analysehaus ist es unabdingbar, unabhängig und neutral agieren zu können.“ Und weiter: „Durch die strikte Trennung des Managements zwischen softfair/Ascore und Fonds Finanz können wir unseren Nutzern genau diese zwingend benötigte Unabhängigkeit und Neutralität garantieren. Insbesondere besteht keine Weisungsbefugnis seitens des Fonds Finanz Managements gegenüber den Mitarbeitern von softfair und Ascore.“ 

Ähnlich äußert sich eine Sprecherin von Morgen & Morgen: Ein Vertrag garantiere, dass das Management und die Mitarbeiter von Morgen & Morgen ohne Weisungen der Muttergesellschaft in Sachen (Tarif-)Vergleich handeln können. Die zugehörige Unabhängigkeitserklärung ist im Internet einsehbar. Dort heißt es auch: „Morgen & Morgen wird als offene Plattform weiter für alle Kunden, Versicherer, Pools und Vertriebe zur Verfügung stehen.“ 

Und Franke und Bornberg Research, die mit Wirkung zum 1. Januar 2023 von der Finanzberatungssparte des Versicherers Swiss Life Deutschland übernommen wurde, betonte im Pressetext vom 15. Dezember 2022 anlässlich der Akquisition, dass die Eigenständigkeit des Unternehmens und des gesamten Teams erhalten blieben. Die Unabhängigkeit der Analysen sei durch einen Kooperationsvertrag mit der Rating-Einheit Franke und Bornberg, die von der Transaktion unberührt blieb, gesichert. 

Neben diesen drei Vergleichern gibt es insbesondere noch Mr-Money und Nafi, die Makler verstärkt nutzen. Deren Angebot ist allerdings nicht so umfassend. Darüber hinaus gehören Vergleichsrechner und andere nützliche Tools zum Standard-Angebot jedes Pools. Zum Teil kooperieren Pools sogar mit mehreren Vergleichern. Zudem läuft sich ein neuer Wettbewerber warm. Der ehemalige softfair-Chef Matthias Brauch glaubt, eine Lücke entdeckt zu haben und will Comparit im Markt etablieren. „Der Bedarf für einen neuen unabhängigen Vergleicher ist vorhanden“, sagt Brauch. 

Breiter Marktauftritt 

An Comparit sei er zu 26 Prozent beteiligt, die Mitarbeiter mit insgesamt 25 Prozent sowie die Maklerpools Blau Direkt, Maxpool und Netfonds. In Zukunft könnten sich weitere Pools, Großmakler und Vertriebe an der Gesellschaft beteiligen. „Dadurch erhoffen wir uns eine noch breitere Unterstützung am Markt.“ Die Mitarbeiter und er würden aber die Mehrheit der Gesellschafteranteile von 51 Prozent behalten. 

Noch sei Stephan Schinnenburg Co-Geschäftsführer bei Comparit. Der ehemalige Vertriebschef der Deutschen Familienversicherung und neue Boss der Landesschadenhilfe werde planmäßig zum 1. Juli 2023 aus der Geschäftsführung ausscheiden, so dass Brauch allein bei Comparit in der Verantwortung sei. Wie Brauch gegenüber procontra weiter ausführt, laufen derzeit erste Anbindungsprojekte und der Aufbau der Datenbank. Im ersten Halbjahr 2024 sollen die ersten Lösungen „live gehen“. Perspektivisch sei Comparit ein „All-Sparten-Vergleicher für die Privatversicherung“. 

Wie viele Makler das Angebot nutzen werden, bleibt abzuwarten. Der eher oligopolistische Markt jedenfalls kommt in Bewegung. Norman Wirth, Rechtsanwalt und Geschäftsführender Vorstand bei AfW Bundesverband Finanzdienstleistung, erinnert daran, dass Makler sich „in der Regel sehr bewusst den Schritt in die Unabhängigkeit und Selbstständigkeit gewählt haben. Versuche von Unternehmen, diese Unabhängigkeit zu beschneiden – und wenn es über Vergleicher ist, die in ihrem Besitz stehen – würden fraglos sehr schnell abgestraft werden.“ Eine wichtige Voraussetzung für eine hochwertige Beratung sei ein möglichst uneingeschränkter Marktzugang und der Zugang zu professionellen, neutralen Analyse- und Vergleichsprogrammen. Anlass zur Besorgnis, dass dies nicht mehr so ist, habe er bisher nicht.