Rating zur PKV-Beitragsstabilität

Ein Viertel der PKV-Tarife schneidet schlecht ab

Zinswende, Energiekrise und Inflation beeinflussen auch die Prämienstabilität der PKV-Tarife. Während es zwar mehr Top-Tarife gibt, hat auch die Anzahl der schwachen Tarife zugenommen.

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15:07 Uhr | 05. Juli | 2023
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In diesem Jahr gibt es laut Morgen & Morgen Rating mehr Tarife mit höheren Beitragsanpassungen als im Vorjahr.

| Quelle: tero vesalainen

Wer privat krankenversichert ist, bekommt schneller einen Termin beim Facharzt, leichter ein Einbettzimmer im Krankenhaus und genießt in der Regel die Behandlung durch die Chefärztin oder den Chefarzt. Was PKV-Versicherte jedoch nachvollziehbarerweise weniger mögen, sind Beitragserhöhungen. Für Neukunden hat Beitragsstabilität zudem auch Einfluss auf die Wahl des PKV-Anbieter.

Doch Gründe für das Hochschrauben der Prämien gibt es viele: die gestiegenen Behandlungskosten, die medizinische Inflation oder die Alterung der Bestände, wodurch die Kosten für die Versicherer wieder steigen. Dazu kam für viele Jahre die Niedrigzinsphase, die den PKV-Anbietern zu schaffen machte. Zwar sind während der Corona-Pandemie die Ausgaben erst einmal zurückgegangen, jedoch haben sich im vergangenen Jahr wieder erhöht – liegen bislang allerdings auf einem unauffälligen Niveau.

„Bisher sind keine signifikant negativen Auswirkungen der corona-bedingten Krankheitskosten auf die Leistungsausgaben der Privaten Krankenversicherer zu verzeichnen. Stand heute ist das auch nicht für das kommende Jahr zu erwarten“, erläutert Thorsten Bohrmann, Senior Versicherungsanalyst bei Morgen & Morgen.

Beiträge steigen durchschnittlich um 2,04 Prozent

Das Ratinghaus hat sich die Beitragserhöhungen und Neugeschäftsprämien der PKV-Tarife marktweit angesehen und kommt zu dem Schluss: Auch 2023 bleibt es mit durchschnittlich 2,04 Prozent bei einer leichten Beitragssteigerung im Neugeschäft. Im Vorjahr lag der Wert etwas höher bei 2,07 Prozent. 2021 betrug die Anpassung im Neugeschäft durchschnittlich 2,53 Prozent. Das habe daran gelegen, so die Analysten, dass Anbieter mit sehr vielen Tarifkombinationen Anpassungen vorgenommen haben. 2020 lag das Plus wiederum nur bei 1,77 Prozent, im ersten Ratingjahrgang nach Einführung der Unisex-Tarife bei 1,44 Prozent.  

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Vor allem im Vergleich zu den Bisex-Tarifen von 2012, die noch Anpassungen von knapp fünf Prozent verzeichneten, fallen die aktuellen Erhöhungen gering aus. 2012 folgte dann die neue Unisex-Tarifgeneration und mit ihr eine Beitragsentspannung. Doch kommt die junge Tarifgeneration von damals nun langsam in die Jahre, mit entsprechenden Auswirkungen auf die Beiträge.

Das aktuelle Morgen & Morgen Rating, in dem nur Tarife, die bereits seit mindestens fünf Jahren auf dem Markt sind, berücksichtigt worden sind, zeigt jedoch nicht nur den Mittelwert, sondern auch die Ausreißer nach oben und unten. Die höchste Beitragsanpassung liegt demnach bei 7,36 Prozent, andere Anbieter haben offenbar sogar die Beiträge gesenkt, nämlich um 0,26 Prozent.

Besser: sukzessiver Anstieg als einmaliger

Im Zuge der Beitragsstabilität hat die Ratingagentur eine Bewertung der Anbieter vorgenommen und jeweils die fünf Steigerungen der Effektivbeiträge jedes Alters, also im aktuellen Jahrgang von 2018 auf 2019, 2019 auf 2020 usw. berechnet. Die durchschnittliche Steigerung des Effektivbeitrags ergibt sich als das Mittel der Steigerungen über die 30 Eintrittsalter für jedes Jahr. Somit ergeben sich fünf Durchschnittssteigerungen, die im Nachgang statistisch ausgewertet werden. Ein Tarifwerk bzw. eine Tarifkombination erhält damit einen Mittelwert der Beitragssteigerung für alle Jahre, alle Eintrittsalter und alle Bausteine und eine Standardabweichung.

Eine gute Beitragsstabilität ergibt sich, wenn die durchschnittliche Beitragssteigerung gering ist und die Streuung der Steigerungen ebenfalls gering ist. Es ist also besser, ein Tarif steigert sich jedes Jahr im Schnitt um beispielsweise fünf Prozent als einmal um neun Prozent und einmal um ein Prozent. Im ersten Fall ist die Standardabweichung geringer, damit ist die Gleichmäßigkeit der Anpassung also höher. Die Bewertungsskala geht von fünf Sternen („Ausgezeichnet“) und damit einer Beitragssteigerung von unter einem Prozent (Mittelwert) bis hin zu einem Stern („Sehr schwach“) mit einem Anstieg um über vier Prozent.

 25 Prozent der Tarife sind schwach bis sehr schwach

Die schlechten Bewertungen von ein und zwei Sternen haben laut Morgen & Morgen insgesamt leicht zugenommen: Im Vergleich zum Vorjahr als 92 und 140 Tarife mit nur einem bzw. zwei Sternen („Schwach“) bewertet worden sind, sind es in diesem Jahr 98 bzw. 161 Tarife. Es gibt also mehr Tarife mit höheren Beitragsanpassungen. Von den insgesamt 1.031 untersuchten Tarifen sind also 259 und damit 25 Prozent in Sachen Beitragsstabilität schwach bis sehr schwach.

Die Vier- und Drei-Sterne-Riege hat im Vergleich zum Vorjahr um 21 Tarife bzw. 24 Tarife hingegen leicht abgenommen. Nur die fünf Sterne-Bewertungen widersetzen sich dem Trend und haben an positiven Bewertungen zugenommen: Waren es 2022 noch 233 Tarife mit der Bestnote, sind es in diesem Jahr bereits 288 Top-Tarife. Von den insgesamt 1.031 Tarifen wurden knapp über die Hälfte mit vier und fünf Sternen bewertet (524). Welche Anbieter mit welchem Tarif reüssieren konnten, lässt sich hier nachlesen.

Beitragssprünge verhindern

Eines dürfte Maklern wie Kunden bewusst sein: Ein genereller Beitragsrückgang ist in der nahen Zukunft nicht zu erwarten. PKV-Versicherte sollten sich trotz des für die Unternehmen deutlich positiveren Zinsumfeldes nicht auf sinkende Beiträge einstellen, warnen auch die Analysten von Assekurata. „Zukünftige strukturelle Reformen, wie beispielsweise die geplante Krankenhausreform oder eine GOÄ-Novelle, könnten die Leistungsausgaben ebenfalls beeinflussen“, vermutet Abdulkadir Cebi, Assekurata-Bereichsleiter Analyse und Bewertung. Nach einem erheblichen Anstieg der Prämien in der Vollversicherung im Jahr 2021 um durchschnittlich 7,3 Prozent (nicht-Beihilfetarife) beziehungsweise 5,2 Prozent (Beihilfetarife), lagen die Beitragserhöhungen im vergangenen Jahr bei 3,8 beziehungsweise 1,6 Prozent. Laut Assekurata könnte sich diese Entwicklung in diesem Jahr fortsetzen (3,6 und 1,6 Prozent).

Auch die Morgen & Morgen Experten gehen von einem Anstieg der Ausgaben mit entsprechenden Auswirkungen auf die Prämien aus. So werden Inflation und Energiekrise aufgrund des Ukraine-Krieges Auswirkungen auf die Preisentwicklung im Gesundheitswesen haben. „Wir sehen aktuell das Risiko einer inflationsbedingten Steigerung der Leistungsausgaben“, sagt der Versicherungsanalyst Bohrmann. Um Beitragssprünge in der PKV in Zukunft zu vermeiden, haben Aktuare jüngst vier Vorschläge vorgelegt. Es wird sich noch zeigen, ob die Politik sich für die Ideen erwärmen kann.