Wechsel des Vergütungssystems

Die Schattenseiten der Honorarberatung

Das Damoklesschwert eines Provisionsverbots nährt Vermittlers Gedanken, auf Honorar umzustellen. Doch der Switch der Vergütungssysteme hält einige Fallstricke bereit.

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14:05 Uhr | 30. Mai | 2023
Die Schattenseiten der Honorarberatung

Auf dem Weg vom Versicherungsmakler zum Honorarberater lauern einige tückische Fallstricke auf die Wechselwilligen.

| Quelle: Ja_inter

Die Diskussion über ein EU-weites Provisionsverbot für Geldanlage- und Altersvorsorgeprodukte hat viele Vermittler ins Grübeln gebracht: Ist die Provisionsvermittlung noch das Modell der Zukunft oder wären sie durch einen Wechsel in die Honorarberatung besser aufgestellt – auch ohne die Regelung durch ein offizielles Verbot. Diese Entscheidung hat Christian Krumbachner längst für sich getroffen. Er war die Rolle des „Produktverkäufers“ leid und hat als Honorarberater nun das Gefühl, das Richtige zu tun.

Wenn man wie er schon Versicherungsmakler (§34d I GewO) oder Finanzanlagenvermittler (§34f GewO) ist, klingt das Umsatteln auf die Honorarberatung theoretisch leicht. Denn die benötigte Qualifikation ist bereits vorhanden und so muss im Vermittlerregister der Industrie-und Handelskammern lediglich der Statuswechsel auf §34d II (Versicherungsberater) beziehungsweise §34h (Honorar-Finanzanlagenberater) erfolgen.

Vorsicht, Fallstricke!

„Allerdings ist der Rattenschwanz, der danach folgt, insbesondere im Versicherungsbereich nichtmehr ganz so einfach zu bewältigen“, sagt Dieter Rauch, geschäftsführender Gesellschafter des Verbunds Deutscher Honorarberater (VDH). An diesen sind, laut eigenen Angaben, 694 Unternehmen angeschlossen, unter denen sich auch der Großteil der jeweils gut 300 registrierten Berater befindet. Der VDH-Chef erlebe bei solchen Statuswechseln immer wieder, dass die frisch gebackenen Berater anschließend reihenweise Kündigungen von Versicherern erhalten. Diese würden sich darauf berufen,dass nun keine gültige Erlaubnis mehr vorliege. „Das liegt daran, dass die IHK lediglich über den Wegfall der bisherigen Registrierung Auskunft geben, jedoch nicht über die neue Eintragung als Versicherungsberater informieren“, kritisiert Rauch.

Ein Thema, das der deutschen Industrie-und Handelskammer (DIHK) bislang nicht als problematisch geschildert wurde, erklärte dessen Pressesprecherin, Petra Blum, auf procontra-Nachfrage. Demnach erscheinen die Löschungen, also wenn jemand nicht mehr als Makler tätig ist, auf einer sogenannten Löschliste, auf die die Versicherer Zugriff haben und die sie regelmäßig abrufen. „Ummeldungen vom Vermittler zum Berater erscheinen dagegen nicht auf der Löschliste, da dies laut Gewerbeordnung nicht vorgeschrieben ist, somit also auch unzulässig wäre“, betont Blum. Da die IHK die Vertragspartner der Makler nicht kennen, erfolgt durch sie auch keine direkte Information. Aus Sicht der DIHK ist es deshalb Aufgabe der Berater, ihre Vertragspartner über den Wechsel zu informieren.

Bestandsprovision darf weiterfließen

Diesen Aufwand sollten Vermittler im Zuge eines Statuswechsels auf jeden Fall auf sich nehmen, denn es ist nicht nur ein formaler Akt, sondern es geht dabei auch um viel Geld. „Da man im Rahmen der IDD-Gesetzgebung den Wechsel vom Versicherungsvermittler zum Versicherungsberater wirtschaftlich attraktiv machen wollte, greift hier die Regelung des §156 Absatz 3 GewO“, weiß Harald Peschken, Präsident des Bundesverbands der Versicherungsberater e.V. (BVVB), dem aktuell 97 Versicherungsberater angehören. Die von ihm zitierte Rechtsnorm erlaubt es Beratern, weiterhin Provisionen für Verträge zu kassieren, die sie vor ihrem Statuswechsel vermittelt haben. Das erleichtert die Mitnahme der Kunden in die Honorarberatung, da sich für sie nichts ändert. Für ihre Verträge erhält der Berater weiterhin die Bestandspflegeprovision und muss sich sein Einkommen somit nicht von einem Tag auf den anderen komplett neu aufbauen.

Wissen die Versicherer aber nichts von dem neuen Status, sondern nur von der Löschung als Vermittler, stellen sie die Zahlungen erst einmal ein. „Am besten sollte man sich vor dem Wechsel eine schriftliche Zusage für die Fortzahlung der Provisionen bei allen Versicherern einholen“, empfiehlt Rauch.

Zwischen 180 und 250 Euro pro Stunde

Um möglichst keine Kunden beim Wechsel vom Makler zum Berater zu verlieren, empfehlen VDH und BVVB größtmögliche Transparenz. Besonders die Unabhängigkeit der Honorarberatung sollte betont werden, findet Rauch, gerne auch durch Hinweis auf die Kosten herkömmlicher Provisionsmodelle: „Vielen Kunden ist nicht bewusst, dass bereits heute keine kostenlose Beratung existiert.“

Wichtig sei zudem eine faire Preisgestaltung. Bei den VDH-Unternehmen würden die durchschnittlichen Stundensätze zwischen 180 und 250 Euro pro Stunde liegen, so Rauch. Die BVVB-Mitglieder wiederum würden, laut ihres Präsidenten, ihre Stundensätze häufig analog dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz berechnen. Letztendlich müsse aber jeder selbst unter Einbeziehung aller seiner Kosten ein betriebswirtschaftlich sinnvolles Stundenhonorar festlegen, so Peschken. Und Rauch merkt an: „Wir raten davon ab, phantasiereiche Honorarmodelle aus der Luft zu greifen.“ Zur Unterstützung bietet der VDH auf seiner Internetseite für registrierte Nutzer ein Honorar-Berechnungstool an.

Versicherer erschweren Zusammenarbeit

Rauch nennt noch eine weitere Hürde, speziell für Versicherungsberater. Sie dürfen zwar ebenfalls normale Tarife vermitteln, anders als ihre 34h-Kollegen die erhaltene Courtage anschließend aber nicht an ihre Kunden weiterreichen. Denn die Courtage-Auskehrung an Kunden muss in solchen Fällen laut §48c I Versicherungsaufsichtsgesetz durch die Versicherungsunternehmen erfolgen, was bei diesen einen Mehraufwand in der Verwaltung verursacht. „Das führt dazu, dass kaum ein Versicherer bereit ist, mit Versicherungsberatern zusammenzuarbeiten. Einige Gesellschaften bieten noch nicht einmal mehr Honorartarife an“, kritisiert Rauch.

Der GDV erklärt dazu auf Nachfrage: „Für einige Unternehmen ist das Geschäft mit Nettotarifen – zumindest in bestimmten Segmenten – durchaus signifikant. Über den ganzen Sektor hinweg bleibt esjedoch faktisch unbedeutend.“ Das begründet der Gesamtverband mit der geringen Nachfrage solcher Tarife durch Berater und Makler. Einen merklichen Schub dürfte die Honorarberatung also wohl doch erst durch ein Provisionsverbot erhalten.