Alternative Vergütungskonzepte

5 Fragen, bevor Makler in Servicegebühren einsteigen

In das Geschäftsmodell mit Servicevereinbarungen ist in den vergangenen Monaten neuer Schwung gekommen. Doch ist es wirklich etwas für Versicherungsmakler? Diese 5 Fragen können bei einer Entscheidung helfen.

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15:04 Uhr | 02. April | 2024
Servicegebühren

Servicevereinbarungen sollen den Maklerinnen und Maklern festen Zusatzeinnahmen garantieren und gleichzeitig den Kunden glücklich machen, aber funktioniert das?

| Quelle: Delmaine Donson

In den vergangenen Monaten ist viel Bewegung in das Geschäftsmodell um Servicevereinbarungen gekommen. Blau Direkt hat mit Finvoice einen Abwickler für Honorar- und Servicevergütungen gekauft und sich zudem mit 50 Prozent an dem Joint Venture Blupay beteiligt, das der Maklerpool gemeinsam mit den Inhabern des Zahlungsabwicklers Dipay, Handan Isik und Dirk Erfurth, gegründet hat. Die beiden Geschäftsführer beschäftigen sich bereits seit einigen Jahren mit alternativen Vergütungskonzepten und haben ebenfalls erst vor wenigen Wochen die Gründung der Degav GmbH verkündet, die sich die Förderung "Innovativer Vergütungskonzepte" auf die Fahne geschrieben hat und die Zahlungsabwicklung über Dipay ergänzen soll - um Online-Intensivkurse für Vermittlerinnen und Vermittler. Mitgründer und aktive Unterstützer der Degav sind Rechtsanwalt Norman Wirth und Vertriebscoach Jörg Laubrinus. Dipay möchte für die Maklerschaft unabhängig bleiben und arbeitet neben Blau Direkt mit weiteren Maklerpools wie BCA, der Vema, der VB Select und kleineren Vertrieben zusammen.

Blau Direkt Geschäftsführer und COO Hannes Heilenkötter ist davon überzeugt, dass alternative Vergütungsmethoden sich in den nächsten Jahren weiter am Markt etablieren werden. "Zudem möchten wir weiterhin den unabhängigen Vermittlermarkt unterstützen und verhindern, dass technische Lösungen als Druckmittel verwendet werden und nicht allen Vermittlern zur Verfügung stehen."

Potenzial gibt es in der Maklerschaft noch genug: Während laut AfW-Branchenbarometer nur rund jeder vierte 34f-Vermittler (27 Prozent) an eine Rechnung denkt, tut dies ein mehr doppelt so großer Prozentsatz der 34d-Kollegen (58 Prozent). Folgerichtig hat die Mehrheit noch keine Servicevereinbarung mit den Kunden abgeschlossen. Wenn Vermittler aber Honorare erheben, nennen sie Servicegebühren im Bereich Versicherungen (14,7 Prozent), für die Betreuung im Bereich Finanzanlagen (10,6 Prozent) sowie für die Versicherungsvermittlung (10,1 Prozent) am häufigsten.

Viele Versicherungsmaklerinnen und -makler beantworten die Frage, ob solche Zusatzvereinbarungen mit den Kunden für sie überhaupt in Frage kommen, derzeit häufig mit "Nein". Ob das Geschäftsmodell zu einem Maklerhaus passt, hängt von vielen Faktoren ab. Diese 5 Fragen können bei einer Entscheidungsfindung unterstützen.

Passen Servicegebühren zu meinem Geschäftsmodell?

Christoph Fuchs, Geschäftsführer von Finvoice GmbH, rät Maklern, bevor sie anfangen, mit Servicegebühren zu arbeiten, erst einmal Kassensturz zu machen: Welchen Service bieten sie bereits jetzt schon - und das ohne Vergütung? Im Paragraph 1a des VVG ist geregelt, was die sogenannten Maklerkernpflichten sind. Diese sind durch Provision und Courtage abgegolten. "Alles, was der Makler darüber hinaus an Service leistet, ist ein Ehrenamt", so Fuchs.

Hier müsse der Makler sich als guter Kaufmann die Frage stellen, wie viel unbezahlter Service pro Jahr für ihn und die Entwicklung seines Geschäfts wirtschaftlich sinnvoll sei. "Pauschal lässt sich das nicht beantworten, denn das hängt sehr vom Geschäftsmodell des jeweiligen Maklers ab", erläutert Fuchs. Arbeitet der Makler hauptsächlich mit Privat- oder Gewerbekunden? Ist er auf eine bestimmte Zielgruppe oder eine Sparte spezialisiert? Bei der Arbeit mit Privatkunden sind beispielsweise Inhalte wie eine erweiterte Betreuung im Schadensfall, Jahresgespräche oder ein Zugang zum Kooperationsnetzwerk des Maklers sehr beliebt. "Manche Makler bieten darüber hinaus aber auch Unterstützung bei den Themen Notfallplanung, Pflegevollmacht und Patientenverfügung an - am besten in Kooperation mit einem entsprechend qualifizierten Partner, um hier eine unerlaubte Rechtsberatung zu vermeiden", sagt Fuchs.

Habe ich selbst das richtige Mindset für Servicevereinbarungen?

Laut Dipay-Geschäftsführerin Handan Isik spielt da auch die eigene Einstellung eine Rolle. Zunächst müsse der Makler selbst davon überzeugt sein, seinem Kunden einen Mehrwert bieten zu können. Wenn der Kunde dann das Gefühl habe, ihm wird durch 20 oder 50 Euro im Monat beispielsweise das ganze Thema Versicherung abgenommen, stehe der Mehrwert für den Kunden im Vordergrund und nicht die Mehrkosten. Laut Rechtsanwalt Norman Wirth ist es zudem nicht sinnvoll, sich mit Zusatzservices aus der Gießkanne zu verzetteln, sondern sich eher auf 5 Services zu konzentrieren und dafür zunächst die Voraussetzungen zu schaffen.

Darf ich das überhaupt?

Versicherungsmakler dürfen sich Serviceleistungen, die nicht zu ihren gesetzlichen Pflichten gehören, zusätzlich vergüten lassen. Ob es sich um obligatorische Leistungen handelt, ist klar gesetzlich geregelt. Zur Unterstützung hat der Arbeitskreis Beratungsprozesse unter beratungsprozess.de Musterverträge für Servicevereinbarungen zum Download bereitgestellt. Laut Norman Wirth ist im Vergütungsrecht erlaubt, was nicht verboten ist. Problematisch wird es zum Beispiel, wenn der Makler sich eine nicht von §34d Gewerbeordnung gedeckte Rechtsdienstleistung vergüten lässt.

Will ich es als Einzelkämpfer versuchen oder greife ich auf Standardlösungen zurück?

Für Versicherungsvermittler bringen Servicegebühren einige organisatorische Hürden mit sich. "Der Kunde muss eine Rechnung erhalten und die Zahlungsabwicklung muss sichergestellt werden, ob über Lastschrifteinzug oder Überweisung", führt Dipay-Geschäftsführerin Isik aus. Mehren sich die Servicevereinbarungen brauchen Makler ein entsprechendes Controlling. Viele große Maklerhäuser können dies sicher problemlos abbilden. Bei dem Rückgriff auf bereits vorhandene Tools besteht laut Isik der Vorteil, dass die hinterlegten Verträge bereits auf ihre Rechtssicherheit geprüft wurden und den administrativen Aufwand verringern.

Bin ich auf Gegenwind gefasst?

Aus Maklerkreisen hört man immer wieder, dass die Versicherer es nicht gerne sehen, wenn die Provision als Möglichkeit der Steuerung des Vertriebs und der Produkte durch zusätzliche Einnahmen der Makler geschwächt wird. Das gilt auch für einige Maklerpools. Das bedeutet: Der Start mit Servicevereinbarungen sollte zum Geschäftsmodell passen. Zudem weist Rechtsanwalt Norman Wirth darauf hin, dass Makler nicht verpflichtet sind, dem Versicherer die Serviceverträge offenzulegen. Von Seiten des Kunden erwartet der Experte ebenfalls wenig Schwierigkeiten, wenn es sich um Kunden handelt, bei denen bereits ein entsprechendes Vertrauensverhältnis gegeben ist. Doch es gibt auch immer wieder Experten, die warnen: Es muss jedem Makler klar sein, dass möglicherweise die Konkurrenz um die Ecke die gleichen Dienstleistungen weiterhin kostenlos anbietet und so spielen Serviceverträge zwar Mehreinnahmen ein, aber können eben auch einen Wettbewerbsnachteil darstellen.