Finanzstärke: Bei 44 Lebensversicherern sind die Spielräume gering
Die Last einstiger hoher Garantieversprechen wiegt schwer – bei immer mehr Lebensversicherern reichen die erwirtschafteten Erträge allein nicht mehr aus, um die Garantieverpflichtungen zu erfüllen. Das berichtet der Zweitmarktanbieter Policen Direkt in einer aktuellen Pressemitteilung.
Insgesamt hat sich die Finanzstärke der Lebensversicherer, sprich die Quote aus den Kapitalerträgen im Verhältnis zu den Aufwendungen für den Rechnungszins, trotz Corona nur leicht verschlechtert: Statt wie zuvor bei 114,41 liegt sie nun bei 110,40 Prozent – ein Rückgang von 3,5 Prozent.
Kapitalerträge bei 33 Lebensversicherern reichen nicht aus
Dennoch wächst der Garantie-Druck bei immer mehr Versicherern in einem Maße, dass der Spielraum knapp wird. „Beim Blick auf die einzelnen Unternehmen zeigt sich, dass es bei der Hälfte der Unternehmen nur darum geht, die garantierten Anforderungen zu erfüllen“, erklärt Henning Kühl, Chefaktuar von Policen Direkt und Versicherungsmathematiker (DAV).
Laut der Untersuchung, für die Policen Direkt die veröffentlichen Zahlen zur Mindestzuführungsverordnung auswertete, reichen bei 33 von 80 untersuchten Lebensversicherern die Kapitalerträge nicht mehr aus – im Vorjahr war dies nur bei 24 Versicherern der Fall gewesen.
Stattdessen müssen diese Versicherer Erträge aus Risiko und Verwaltung in die Rechnung miteinbeziehen, wodurch insbesondere die erstgenannten an Bedeutung gewinnen. So könnten Versicherer mit niedrigen Verwaltungskosten nicht nur im Neugeschäft attraktivere Konditionen anbieten, sondern auch ihren Verpflichtungen leichter nachkommen, heißt es hierzu von Policen Direkt.
Weitere 11 Lebensversicherer können darüber hinaus zwar ihre Garantien noch mithilfe ihrer Kapitalerträge finanzieren, kommen aber maximal auf eine Finanzstärkenwert von 105 Prozent. Das bedeutet: Die Zuweisungen an die Rückstellung für Beitragsrückerstattungen (RfB) werden zurückgefahren. „Das wird nicht ohne Auswirkungen auf die Überschussbeteiligungen bleiben“, vermuten die Policen-Direkt-Analysten.
Weniger Lebensversicherer erwartet
Eine weitere Konsequenz der drückenden Garantielasten dürfte die verstärkte Hinwendung vieler Versicherer zu garantiearmen, renditeorientierten Produkten sein. Fondsgebundene Policen dürften deutlich an Bedeutung gewinnen, vermutet man bei Policen Direkt. Zugleich geht der Frankfurter Zweitmarkthändler davon aus, dass die Zahl der Lebensversicherer weiter sinken dürfte. Dies war auch in diesem Jahr zu beobachten – Ursache war jedoch, dass Unternehmen die einzelnen Anbieter unter ihrem Dach zusammenlegten. So werden beispielsweise die drei Lebensversicherer der Versicherungskammer Bayern – die Bayern-Versicherung Lebensversicherung, die Öffentliche Lebensversicherung Berlin-Brandenburg und die Saarland Lebensversicherung – künftig unter dem Dach der Bayern-Versicherung gebündelt.
Allein aus der Finanzstärken-Kennzahl sollten allerdings keine Rückschlüsse auf die finanzielle Entwicklung der Unternehmen gezogen werden. Denn hierunter finden sich auch viele Versicherer, die stark im Biometrie-Geschäft aufgestellt sind. Diese erwirtschaften tendenziell nur geringe Kapitalerträge, dafür höhere Risikogewinne. Um diese ebenfalls abbilden zu können, weist Policen Direkt neben der Finanzstärken-Kennzahl auch eine für die Gesamt-Ertragsstärke aus, die sämtliche Erträge abbildet. Hier lagen alle Versicherer – anders noch als im Vorjahr – über der Schwelle von 100 Prozent.
Die Ergebnisse der einzelnen Versicherer können hier nachgelesen werden.
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