Zinszusatzreserve

Welche Lebensversicherer jetzt besonders entlastet werden

Viele Jahre mussten die Lebensversicherer ihre Garantieversprechen zusätzlich absichern. Dank des Zinsanstiegs ist diese Zeit nun vorbei und neue Mittel werden frei.

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13:06 Uhr | 22. Juni | 2023
Rund 4 Milliarden Euro konnten Lebensversicherer in 2022 der ZZR wieder entnehmen

Rund 4 Milliarden Euro konnten Lebensversicherer in 2022 der ZZR wieder entnehmen

| Quelle: karandaev

Seit 2011 ächzten die Lebensversicherer unter der Verpflichtung eine Zinszusatzreserve (ZZR) aufzubauen, um ihre Garantieversprechen abzusichern. In den vergangenen Jahren wurden so fast 100 Milliarden Euro zurückgestellt. Im Geschäftsjahr 2022 erfolgt nun der Turnaround in Sachen ZZR. Anfang 2022 zeigte sich der Leitzins der EZB noch als Nulllinie und kletterte ab Juli in mehreren Schritten auf 2,5 Prozent zum Jahresende. Damit verblieb der Referenzzins zur ZZR bei 1,57 Prozent und unterschritt somit keine neue Garantiegeneration. Es entstand also kein neuer Nachreservierungsbedarf, gleichzeitig liefen Altverträge aus. Im Resultat schmolz marktweit der ZZR-Berg um rund 4 Milliarden Euro ab. Zum Bilanzstichtag waren noch 77 Prozent der Bestände (2021: 80 Prozent) von der ZZR betroffen. Tendenz weiter fallend.

„Die hohen Zinsen führen in Kombination mit der gesetzlich vorgegebenen Berechnungsmethodik zu einem unveränderten Referenzzins für die ZZR“, sagt Lars Heermann, Bereichsleiter Analyse und Bewertung bei Assekurata. „Dies hat zur Folge, dass die Lebensversicherer ihren ZZR-Bestand auch in den kommenden Jahren weiter abbauen können.“

ZZR bis 2035 aufgelöst?!

Die Analysten von Assekurata gehen davon aus, dass der Referenzzins noch bis ins Geschäftsjahr 2025 verharrt, ein gleichbleibendes Zinsniveau vorausgesetzt. „Das würde dazu führen, dass die Lebensversicherer jährliche Rückflüsse von insgesamt 4 bis 5 Milliarden Euro aus der ZZR verzeichnen. Sollten die Marktzinsen auch nach 2025 weiter hoch bleiben, würde der Referenzzins ab 2026 ebenfalls ansteigen und sich der Abbau der ZZR noch schneller vollziehen“, meint Heermann.

Die freiwerdende ZZR wurde auch zur Finanzierung der Zinsüberschussbeteiligung verwendet.
Sprecherin der InterRisk

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Die neue Ertragsquelle würden Anbieter nun hauptsächlich nutzen, um sich robuster für die Zukunft aufzustellen, so die Prognose der Assekurata-Analysten. Etwa um gewappnet zu sein, falls die stillen Lasten in der Kapitalanlage – aufgrund erhöhter Stornoentwicklung – realisiert werden müssen.

Die 10 Lebensversicherer mit der größten ZZR-Schmelze

Lebensversicherer*

ZZR-Veränderung in Relation zur gesamten ZZR

ZZR gesamt

Ergo Vorsorge

-11,2 %

148,5 Mio. €

InterRisk

-11,1 %

24,1 Mio. €

Dialog

-10,9 %

12,2 Mio. €

Direkte Leben

-8,1 %

51,0 Mio. €

Condor

-7,8 %

274,1 Mio. €

HDI

-7,0 %

2.363,9 Mio. €

VPV

-6,7 %

562,5 Mio. €

Concordia oeco

-6,4 %

235,9 Mio. €

VRK Leben

-6,3 %

299,8 Mio. €

Ideal

-5,9 %

120,5 Mio. €

Quelle: procontra LV-Check 2023_Stand GB 2022 der Anbieter_*einige Geschäftsberichte liegen noch nicht vor

Besonders „erleichtert“ unter den Lebensversicherern waren die Ergo Vorsorge, InterRisk und Dialog. Deren ZZR-Berg baute sich verhältnismäßig am stärksten ab – um jeweils mehr als 10 Prozent. „Die freiwerdende ZZR wurde auch zur Finanzierung der Zinsüberschussbeteiligung verwendet“, so eine Sprecherin der InterRisk, deren laufende Verzinsung für 2023 auf 2,5 Prozent (zuvor: 2,2 %) angehoben wurde. Bei der Dialog spielt die ZZR aufgrund des Schwerpunktes auf biometrische Produkte eine untergeordnete Rolle. „Die ZZR-Erträge erhöhten das Kapitalanlageergebnis und damit unseren Rohüberschuss. Außerdem werden sie die Rückstellungen für Beitragsrückerstattungen zusätzlich stärken“, hieß es auf Nachfrage zur Verwendung.

Entgegen dem Markt musste die Continentale als einer der wenigen Anbieter auch 2022 weitere Mittel zur Zinszusatzreserve aufbauen. Weitere 7,5 Millionen Euro wurden zugeführt und erhöhten die ZZR auf 509 Millionen Euro. Der Grund: Durch veränderte Kostenmargen (in 2022 von 50 auf 30 Prozeent gesenkt) verschob sich der ZZR-Abbau auf das Geschäftsjahr 2023.

Ausblick 2023

Der rasante Zinsanstieg setzte sich auch im bisherigen Geschäftsjahr fort. Mitte Juni 2023 erhöhte die EZB den Zins auf 4 Prozent - ein Wert, den es zuletzt vor 15 Jahren gab. Das wird weitere Mittel aus der Zinszusatzreserve freisetzen können und den Lebensversicherern neue Manövriermasse verschaffen, um die zukünftige Ertragslage zu stabilisieren.