Investieren in Social Media

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Social-Media-Plattformen sind aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken und inspirieren nun auch die Fondsindustrie zu speziellen Produkten. Lohnt sich ein Investment in Meta, Twitter und Co.?

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10:07 Uhr | 25. Juli | 2022
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Wie schlagen sich Social-Media-Investments?

| Quelle: peepo

Social Media boomt. Die Zahl der aktiven User von Zuckerbergs Plattform Meta, zu der auch Facebook, Instagram und Whatsapp gehören, ist allein im ersten Quartal dieses Jahres um 82 Millionen angeschwollen. Rund zwei Milliarden Menschen sind damit Mitglied der Meta-Gemeinde. Das börsennotierte Unternehmen machte allein zwischen Januar und März einen Umsatz von rund 28 Milliarden Dollar – fast sieben Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum.

Auch Tencent, das chinesische Meta-Äquivalent, konnte seinen Umsatz im Geschäftsjahr 2021 um 16 Prozent auf umgerechnet 81 Milliarden Euro deutlich steigern. Der Gewinn von umgerechnet knapp 33 Milliarden Euro kann sich sehen lassen. Das lockt Investoren an: Fondsgesellschaften offerieren mittlerweile Finanzprodukte mit Social-Media-Fokus, selbst ein Social-Media-ETF wurde aufgelegt.

Volatilität vorprogrammiert

„Wir sehen die zukünftigen Ertragschancen von Social-Media Unternehmen sehr optimistisch“, sagt Thomas Gerber, Fondsmanager beim Luxemburger Vermögensverwalter Quint:Essence Capital. Er managt den Mischfonds „Quint-Essence Strategy Social Media and Technology“ (ISIN: LU1074556041), mit einem Volumen von 8,3 Millionen Euro. Aktien und Anleihen machen 60 Prozent des Portfolios aus, die restlichen 40 Prozent werden über vermögensverwaltende Fonds gesteuert. Die Titelauswahl beschränkt sich aktuell auf 31 Werte, mit den Top-5-Holdings Apple, Oracle, Microsoft, Meta und Alphabet liegt der Fokus klar auf dem US-amerikanischen Markt.

Insgesamt lag die Performance in den vergangenen zwölf Monaten zwar bei minus 10,5 Prozent, im 5-Jahres-Durchschnitt performt er aber bei rund 40 Prozent im Plus. Dennoch sollten sich risikoaverse Anleger ein Investment gut überlegen. Die Volatilität des Fonds kann Investoren Schweißperlen auf die Stirn treiben.

Gerber ist dennoch überzeugt von der Anlageklasse. „Die vergangenen Jahre haben bereits eindrucksvoll gezeigt, wie sich Plattformen wie LinkedIn, Facebook oder YouTube von einfachen Netzwerk- und Kommunikationshilfen in wichtige Unterhaltungsplattformen, Recruitingtools und in eine Infrastruktur für die ‚digital communities‘ verwandeln“. Trotz anhaltender Plattform-Kritik und Digital-Detox-Trend glaubt Gerber, dass der Social-Media-Boom gerade erst begonnen hat: „Die wirtschaftliche und gesellschaftliche Bedeutung sozialer Netzwerke wird weiter zunehmen.“

Zumal auch die Haupt-Ertragsquelle der Unternehmensgewinne munter weiter sprudelt. Bei Meta bilden mit knapp 27 Milliarden Dollar der größte Anteil des Umsatzes im ersten Quartal 2022 die Werbeerlöse. „In noch nie dagewesener Quantität und Qualität sammeln die Plattformen Daten über ihre Nutzer“, schwärmt Fondsmanager Gerber. Das Social-Media-Erfolgsrezept besteht im Dreiklang aus: je besser die Daten, desto personalisierter die Werbung, umso größer der Gewinn.

Zukünftige Regulatorik als Risiko

Doch steigt auch das Bewusstsein der Nutzer für die Problematik, die sich hinter dem Handel mit ihren freimütig offengelegten Daten verbirgt. Und: Die datenschutzrechtlichen Auflagen nehmen zu. „Regulatorische Risiken sind definitiv eine Bedrohung oder potenzielle Einschränkung für die Monetarisierung der Daten“, räumt auch Gerber ein. Allerdings erwartet der Fondsmanager eher Social-Media-freundliche Kompromisse als ernstzunehmende rechtliche Einschränkungen seitens der Behörden. Die Unternehmen, so Gerber, sitzen aufgrund ihrer immensen Popularität und geographischen Flexibilität einfach am längeren Hebel.

Zumal weitere Einschränkungen nicht unbedingt negativ für die Wertentwicklung der Unternehmen sein müssen. Das zumindest glaubt Ali Masarwah, Fondsexperte, ehemaliger Morningstar-Analyst und Chefredakteur bei Envestor, einer Fondsplattform für Privatanleger. Regulierungen könnten aus seiner Sicht ein Indiz dafür sein, dass sich ein einstiger Senkrechtstarter zur festen Branchengröße mit hoher Dividendenrendite mausert. „Telekom ist so ein Beispiel dafür“, so Masarwah. Zunehmende Regulierungen von außen seien ein Indikator für diesen Prozess. „Die EU hat die Spielräume der Social-Media-Unternehmen bereits eingegrenzt. Die Wild-West-Zeiten sind vorbei.“

Social-Media-ETF: Option für Ängstliche?

Die Nutzerdaten bleiben, glaubt man Fondsmanager Gerber, dennoch erst einmal ein wichtiger Ertragsfaktor. Mit der Entstehung des Metaversums, einem virtuellen Ort, an dem sich reale Menschen auf digitalem Weg begegnen, kommen noch zusätzliche Ertragsbringer hinzu.

Gerber spielt damit auf den Verkauf von Avataren und auf die digitalen Immobilien-Deals im Metaversum an. Im November vergangenen Jahres hat ein virtuelles Grundstück im Metaversum für 2,4 Millionen einen Abnehmer gefunden. Zukünftig könnten die neuen Einnahmequellen noch profitabler als die eigentlichen Daten werden.

Das sieht der Fondsexperte Masarwah etwas anders. „Das ist eine keinesfalls eingelöste Wette auf die Zukunft. Second Life gab es schon einmal, aber davon redet heute keiner mehr.“ Der Erfolg von Metaverse sei ungewiss. „Würde man Meta jetzt auslagern und damit an die Börse gehen, wäre ich nicht überrascht, wenn es 80 bis 90 Prozent an Wert verlieren würde. Das ist ein Cashburner.“ Auch NFT-Geschäftsmodelle würde er, zurückhaltend formuliert, stark hinterfragen.

Die Situation bleibt für Investoren also erst einmal unwägbar. Wer sich am volatilen Wachstum des aktiv gemanagten Fonds stört, könnte auch zum „Global X Social Media ETF” greifen. Allerdings mit einem entscheidenden Nachteil: Der ETF investiert mit zwölf Prozent in die Top-One-Position Tencent, fast ein Drittel des Portfolios besteht aus chinesischen Unternehmen. „Wenn sie noch mehr von staatlicher Seite reguliert werden, ist das ein Risiko“, so Masarwah. Aber: Das Portfolio ist diversifiziert. Es könne Schmerzen verursachen, sei aber nicht völlig Havarie-gefährdet. Trotzdem: Anleger sollten, laut dem Experten, nicht mehr als zehn Prozent in einen solchen Themenfonds stecken.