Schadenfall der Woche

Zocken und Geld von der Schulunfähigkeitsversicherung kassieren

Ein Schüler der 11. Klasse war so stark von seiner Computerspielsucht eingenommen, dass er nicht mehr zur Schule gehen konnte. Zum Glück hatte seine Mutter eine Schulunfähigkeitsversicherung abgeschlossen. Aber muss die zahlen?

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13:03 Uhr | 21. März | 2024
Schadenfall der Woche

Die Zurich setzt für ihren neuen Werbespot zur BU-Versicherung auf musikalische Unterstützung aus den 90er-Jahren.

| Quelle: procontra

Zwölf bis 13 Stunden tägliche Computer spielen waren für einen Jungen aus Saarbrücken normal. Da er kaum mehr etwas anderes machen konnte, entwickelte er einen verschobenen Tag-Nacht-Rhythmus, Essstörungen und soziale Isolation. Da die Mutter des Schülers im Frühjahr 2006 für ihren damals knapp sieben Jahre alten Sohn eine Schulunfähigkeitsversicherung abgeschlossen hatte, musste die Versicherung für die Spielsucht aufkommen, was diese auch für den Zeitraum 1. September 2016 bis 31. Dezember 2017 tat. danach stellte die Mutter einen weiteren Leistungsantrag, dessen Prüfung die Versicherung allerdings von einer fachärztlichen Untersuchung des Versicherten an einem spezialisierten Institut in Frankfurt a.M. abhängig machte.

Dazu kam es aber nicht, weil sich der Junge aufgrund einer ausgeprägten Schlafstörung zu einer Reise in die Mainmetropole nicht in der Lage sah. Wohnortnähere Untersuchungstermine wurden nicht wahrgenommen. Im Oktober 2019 teilte die Versicherung mit, eine Leistungsprüfung könne mangels fachärztlicher Untersuchung nicht vorgenommen werden.

Drei Jahre später kam der Fall dann vor die saarländische Justiz. Denn kurz vor Weihnachten 2022 begehrte die Mutter des Versicherten Prozesskostenhilfe für ein ganzes Anspruchspaket: Für den Zeitraum 1. Januar 2018 bis 31. Dezember 2022 sowie für zwei weitere Monate im Jahr 2016 machte sie ausstehende Rentenzahlungen in Höhe von insgesamt 28.797,08 Euro, außerdem ab 1. Januar 2023 bis längstens 1. März 2064 – da stünde der Junge kurz vorm Renteneintrittsalter – 5665 Euro pro Jahr geltend.

Das LG Saarbrücken gewährte die Prozesskostenhilfe lediglich für die Inanspruchnahme der Versicherung in Höhe von 8969,56 Euro, was das OLG Saarbrücken schon allein wegen der verweigerten medizinischen Untersuchung bestätigte. Zudem ergebe sich bereits aus dem Begriff Schulunfähigkeitsversicherung, dass diese nur für etwaige Unpässlichkeiten von der Einschulung bis zum planmäßigen Ablauf der begonnenen Schulausbildung einspringe und eben nicht den deutlich längeren Zeitraum bis zum Renteneintrittsalter des Versicherten abdecke.

Weil aber der Versicherte die Oberstufe ohne die exzessive Beschäftigung mit Fortnite, Palworld & Co. spätestens im Juli 2019 beendet hätte und die Voraussetzungen eines anderen Versicherungsfalls nicht dargelegt wurden, fiel die bewilligte Prozesskostenhilfe eben deutlich knapper als beantragt aus (die Entscheidung ist im Volltext abrufbar unter BeckRS 2023, 36104).