Preiskampf der BU-Versicherer: Was Makler kritisieren

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Philip Wenzel

„Die BU-Versicherung wird ja nicht durch alle Berufsgruppen günstiger. Sie entwickelt sich schlicht und einfach mehr und mehr zu einer Akademiker-Versicherung. Der Handwerker schaut halt in die Röhre. Das ist ungerecht und schon alleine deshalb sollte diese Entwicklung gestoppt werden. Als kleiner Versicherungsmakler kann ich nicht abschätzen, ob die Rechnung für die Versicherer aufgeht oder nicht. Grundsätzlich ist die Kalkulation deren täglich Brot, weshalb ich mal unterstelle, dass das insgesamt für die Versicherer aufgeht. Selbst wenn sich dadurch Kollektive entmischen. Die sind ja nicht doof und wollen absichtlich pleitegehen. Als kleiner Versicherungsmakler kann ich mir aber an die eigene Nase fassen und nicht einfach immer den billigsten Anbieter nehmen. Wenn ich das nicht mehr mache, müssen die Versicherer nicht immer billiger werden, um verkauft zu werden. Ich bin zwar kein Wirtschaftsprüfer, aber wenn ich in der Auswahl des BU-Tarifes den Brutto-Netto-Spread berücksichtige, kurz prüfe, ob der Versicherer in fast jeder Berufsgruppe bei den billigsten dabei ist und vielleicht sogar noch versucht, über verkürzte Antragsfragen zu Neugeschäft zu kommen, dann sollte ich lieber vorsichtig sein.“ Bild: Doris Köhler
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Torsten Breitag

„Der verstärkt betriebene Preiskampf existiert seit spätestens 2016. Prämienhöhen spielen in meinem Beratungsalltag jedoch bestenfalls eine untergeordnete Rolle. Im ersten Schritt muss ich den Interessenten sauber und rechtssicher versichert bekommen. Dafür benötige ich einen Produktgeber mit kompetenter Risikoprüfung. Im zweiten Schritt müssen die Versicherungsbedingungen zum Interessenten passen. Insbesondere auch hinsichtlich Flexibilität und Anpassbarkeit für die nächsten Jahrzehnte. Die üblichen Billigheimer erfüllen diese Anforderungen regelmäßig nicht und kommen schon daher in meinem Alltag nicht vor. Die Aussagen der Ratingagenturen amüsieren mich eher. Waren es doch gerade diese, die noch unmittelbar vor dem großen Beitragsknall der WWK eben jenen Versicherer als herausragend respektive adäquat bewertet haben. Eine WWK-BU habe ich niemals vermittelt und hatte ich auch niemals im Bestand. Ebenfalls hatte ich zu keinem Zeitpunkt auch nur eine einzige Beitragserhöhung in meinem BU-Bestand.“ Bild: Sebastian Berger
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Tobias Bierl

„Für die Berufe mit anscheinend wenig Risiken sind die Beiträge gefühlt auf einem Niveau, wo man sich fragen muss, ob sich das alles ausfinanziert. Zudem werden das Kleingedruckte und vor allem auch die Nachversicherungsgarantien immer kundenfreundlicher. Kranke Versicherte werden eher die Beitragsdynamik/Nachversicherungsgarantie ziehen als gesunde. Außerdem werben manche Gesellschaften mit stark vereinfachten Gesundheitsfragen in der Zielgruppe der Akademiker – dass kann sich ggf. auch negativ auf das Kollektiv auswirken. Dies sprechen wir auch immer wieder an und erklären jedem Kunden eindeutig, dass der aktuelle Blick auf den Netto-, aber auch Bruttobeitrag (Stichwort: Verzicht auf § 163) wenig bringt. Wie die Kalkulation aus dem Ruder laufen kann, hat man leider am Beispiel der WWK 2016 und insbesondere 2018 gesehen. Grundsätzlich beraten wir aber eh nicht über den Preis, sondern zuerst natürlich über die Annahmequote nach erfolgter anonymer Risikovoranfrage und danach über das Kleingedruckte, sprich die Vertragsbedingungen. Hier kommt dann durchaus zur Sprache, weshalb wir manche Versicherungsgesellschaft nicht empfehlen, obwohl diese auf den ersten Blick ein attraktives Preis-Leistungs-Verhältnis beinhaltet. Wir haben nämlich große Bedenken aufgrund der langfristigen Beitragsstabilität und Finanzstärke des Unternehmens." Bild: Bierl
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Guido Lehberg

„Unter die Berufe, die deren BU-Beiträge teurer geworden sind, fallen längst nicht mehr nur der Handwerker oder die Altenpflegerin. Auffallend ist, dass der Beitrag gerade für junge Kunden mit hohem Bildungsstand und geringerem Risiko einer frühen und lange andauernden BU günstiger wird. Eine Gefahr für ausufernde Beiträge kann ich persönlich marktbreit nicht erkennen. Ausnahmen werden hier die Regel bestätigen, aber im Allgemeinen sehe ich hier auf absehbare Zeit keine Gefahr. Zumal Beitragserhöhungen erst einmal ohnehin nur bis zum Tarifbeitrag möglich sind. Und bevor die Versicherer in der Überschussverteilung an die Beitragsreduzierung gehen, werden die Rentenerhöhungen im Leistungsfall gekürzt. Den Grund dafür gibt Franke und Bornberg ja selbst: Niemand möchte in die Falle der Antiselektion laufen. In meiner Beratung spielt dieser angebliche ‚Preiskampf‘ keine Rolle. Heute wird, wie vorher auch, über den Unterschied zwischen Tarif- und Zahlbeitrag und über das ‚Risiko‘ von fallenden Überschüssen gesprochen. Aber selbst, wenn ein Versicherer seine Überschüsse künftig senken muss und damit den zu zahlenden Beitrag erhöht, sehe ich keine verärgerten Kunden, denn wir haben ja drüber gesprochen.“ Bild: Sebastian Berger
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Alexander Schierstedt

„Der Preiskampf ist zu spüren. Es war bei einigen Versicherern wie zum Beispiel Hansemerkur und WWK jedoch ersichtlich, dass diese die Nettoprämien nicht halten werden können. Gründe waren hier unter anderem die ‚Risikoauslese‘ und das Preisdumping. Die günstigeren Prämien in der BU, die Versicherer seit einigen Jahren veranschlagen ergeben sich dadurch, weil mehr weiche Merkmale wie Raucher/Nichtraucher zur Berechnung herangezogen werden. Zudem wurden vermehrt Berufsgruppen gebildet. Persönlich befürworte ich keine Ratings – egal wer es ‚geratet‘ hat. Ich favorisiere Versicherer, die extrem streng in der Annahmepolitik sind, beziehungsweise eine wirklich individuelle und sehr saubere Risikoprüfung vollziehen. Dies ist ein wichtiger Aspekt, durch den Leistungsfälle reduziert werden können – stellt zugleich jedoch nur einen von vielen dar, um Überschüsse stabil und somit die Zahlbeiträge konstant günstig zu halten. Alle meine Kunden/innen wissen, dass es keine garantierten Beiträge aufgrund des §163 VVG und dem §314 VAG gibt.“ Bild: Schierstedt
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Gerd Kemnitz

„Klappern gehört zum Handwerk. So ist nachvollziehbar, wenn der Map-Report sein Stabilitätsrating bewirbt und auffordert, Stabilität statt Preis an die erste Stelle bei der Produktauswahl zu setzen. Doch dort sollten gute und klar definierte AVB stehen. Nur sie bleiben während der gesamten Vertragsdauer gültig und entscheiden später über Leistung oder Nicht-Leistung. Dauerhafte Bezahlbarkeit ist auch wichtig. Doch Ratings zur Beitragsstabilität gibt es von mehreren Analysehäusern – mit teils unterschiedlichen Ergebnissen. Und ganz gleich, welchem Rating man heute vertraut: In 20 oder 30 Jahren wird es ‚Schnee von gestern‘ sein. Ich empfehle, auch auf den Tarifbeitrag und eine Mitgliedschaft im Sicherungsfonds zu achten. Senkungen der Überschussbeteiligung im Bestand waren meines Wissens in den letzten zehn Jahren eher die Ausnahme. Trotzdem ist der Preiskampf unfair, weil die damit verbundene Ausuferung der Berufsgruppen zu Lasten derer geht, die den BU-Schutz am dringendsten benötigen.“ Bild: privat
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Matthias Helberg

„Wenn in diesen Tagen der Eindruck erweckt wird, ständig würden Lebensversicherer die Beiträge laufender Berufsunfähigkeitsversicherungen erhöhen, muss man klarstellen: Dem ist keinesfalls so. Das wird meines Wissens auch nicht von Franke und Bornberg behauptet. Richtig ist: Lebensversicherer reduzieren die Überschussbeteiligung. Wer die vielen gewaltigen Umwälzungen der letzten Jahre sieht, wird sich kaum darüber wundern. Nicht, dass Lebensversicherer die Überschussbeteiligung ändern, ist ein Problem, sondern an welcher Stelle sie es tun: Bislang am seltensten bei der Beitragsverrechnung laufender Verträge. Eher bei der Überarbeitung von BU-Tarifen, wodurch sich für neue Verträge die Spanne zwischen Garantie- und Zahlbeitrag ändert. Am häufigsten aber bei den Überschüssen im Leistungsfall. Also dort, wo kaum jemand hinsieht und wo es die Betroffenen erst merken, wenn sich ihre BU-Rente kaum oder gar nicht erhöht. Daher gehört die Leistungsdynamik in jeden Vertrag – und die Überschussbeteiligung im Rentenbezug in jede Standmitteilung.“ Bild: Uwe Lewandwoski