OLG Düsseldorf: Haftungsfalle bei der D&O-Police

Versicherungsbedingungen unterliegen einem steten Wandel, gerade in der Gewerbeversicherung. Makler sollten Policen ihrer Firmenkunden regelmäßig überprüfen. Hinweise dazu liefern Urteile zur Gewerbeversicherung. Heute: Lücken im D&O-Schutz.

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06:02 Uhr | 06. Februar | 2019
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Die D&O-Versicherung sollte einen Ersatzanspruch aus Paragraf 64 Satz 1 GmbH-Gesetz ausdrücklich abdecken, sagt Rechtsanwalt Tobias Strübing. Bild: Wirth Rechtsanwälte

Viele Geschäftsführer größerer Firmen besitzen inzwischen eine D&O Versicherung. Diese sogenannte Manager-Haftpflichtversicherung schützt leitende Angestellte davor, persönlich in Anspruch genommen zu werden. Der Versicherungsschutz ist vielfach jedoch lückenhaft und kann zu großen finanziellen Schäden für Führungskräfte führen.

Der Sachverhalt

Die Geschäftsführerin einer GmbH wurde nach Insolvenz des Unternehmens durch eine vom Insolvenzverwalter erwirkte Entscheidung dazu verurteilt, 200.000 Euro zu zahlen. Sie schaltete ihre D&O-Versicherung ein, doch der Versicherer lehnte den Schutz für diesen Haftungsfall ab.

Die Ex-Geschäftsführerin ging vor Gericht, hatte aber keinen Erfolg. Der Versicherer muss nicht zahlen, so das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf mit Urteil vom 20. Juli 2018 (Az.: I-4 U 93/16; Nichtzulassungsbeschwerde beim BGH läuft unter Az.: IV ZR 186/18).

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Die Gründe

Nach Ansicht des OLG handelt es sich nicht um einen gesetzlichen Haftpflichtanspruch. Dies wäre der Fall gewesen, wenn sie durch ihre Handlung dem Unternehmen einen Schaden zugefügt hätte. Da die Zahlung aber auf eine berechtigte Forderung einer anderen Firma erfolgt war, entstand dem Unternehmen kein Schaden.

Pech nur, dass die Überweisung auf Veranlassung der Geschäftsführerin erst nach Anmeldung der Insolvenz erfolgt war und dadurch die Insolvenzmasse verringerte. Daher verlangte der Insolvenzverwalter das Geld zu Recht von der Geschäftsführerin zurück. Und die konnte ihren Vermögensschaden-Haftpflichtversicherer eben nicht vorschicken. Grund: Die Zahlung hätte wegen der Insolvenz nicht geleistet werden dürfen. Für solche Zahlungen muss ein Geschäftsführer persönlich einstehen (nach Paragraf 64 GmbH-Gesetz).

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Bei Haftungsansprüchen genau hinsehen

Der Anspruch sei schon grundsätzlich nicht vom Versicherungsvertrag erfasst, so die Richter. Der Haftungsanspruch gemäß GmbH-Gesetz sei mit dem versicherten Anspruch auf Schadensersatz wegen eines Vermögensschadens nicht vergleichbar. Die Gesellschaft erleide schließlich durch Zahlungen keinen Vermögensschaden, da ja eine bestehende Forderung beglichen wurde. Nachteilig wirkte sich die Zahlung an einen bevorzugten Gläubiger nur für die übrigen Gläubiger aus. Die D&O-Versicherung sei jedoch nicht auf den Schutz der Gläubigerinteressen ausgelegt.

Auch wenn dies zu Deckungslücken der D&O-Versicherung führen könne, müsse der Versicherer nicht leisten, betonte der Senat. Das Urteil dürfte große praktische Bedeutung für Führungskräfte von Unternehmen, Insolvenzverwalter, Versicherungsmakler und Industrieversicherer haben, denn der Beispielfall kommt nicht selten vor.

Für die Praxis

„Es besteht hier eine Deckungslücke, die vom Gericht nicht nur gesehen, sondern vielmehr auch akzeptiert wurde“, sagt Rechtsanwalt Tobias Strübing, Partner der Kanzlei Wirth Rechtsanwälte. „Neuere Verträge enthalten zwar bisweilen schon eine Deckung für derartige Ersatzansprüche, eine Überprüfung des Versicherungsschutzes gerade bei älteren Verträgen ist aber dringend angezeigt“, betont der Fachanwalt für Versicherungsrecht. Es gehe darum, ob die D&O-Versicherung einen Ersatzanspruch aus Paragraf 64 Satz 1 GmbH-Gesetz ausdrücklich abdeckt oder nicht. Im Zweifel sollte auf Anpassung der Versicherungsbedingungen gedrungen oder der Versicherer gewechselt werden.

Darüber hinaus sollten insbesondere auch Vorstände und Aufsichtsräte einer AG bestehende D&O-Policen prüfen lassen. Im Aktienrecht existiere ein Anspruch (insbesondere Paragraf 93 Aktiengesetz), der dem Ersatzanspruch nach GmbH-Gesetz weitgehend entspricht. Daher könnte die Rechtsprechung auch die versicherungsrechtliche Deckung des aktienrechtlichen Anspruchs wegen Zahlungen nach der Insolvenz ablehnen, wenn die Versicherungsbedingungen die Deckung nicht explizit vorsehen.

Im April hatte bereits der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, dass ein GmbH-Geschäftsführer in einem Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung den Beteiligten gegenüber wie ein Insolvenzverwalter haftet (Urteil vom 26. April 2018; Az.: IX ZR 238/17).

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