Die perfekte Beratungsdokumentation – Mythos oder Anspruch?
Kaum ein Thema sorgt unter Maklerinnen und Maklern für so viel Stirnrunzeln wie die Beratungsdokumentation. Sie gilt leider oft als lästige Pflicht, unbeliebtes Anhängsel und Zeitfresser. Doch sie ist weit mehr als ein bürokratisches Ritual: Wer hier ausreichend Mühe und auch Zeit in die Schaffung sinnvoller Prozesse investiert, schafft die Grundlage für Beweissicherheit und minimiert das Risiko, im Ernstfall für einen nicht begangenen Fehler zu haften.
WhatsApp, Post-it & Co. – alles zählt!
Dabei muss man das Blickfeld möglichst weit öffnen. Dokumentation bedeutet nicht – wie die immer noch weit verbreitete Annahme – allein das unterschriebene Protokoll. Alles ist Dokumentation und in der Gesamtschau geeignet, die im Ernstfall ersehnte Entlastung zu bringen, jede E-Mail, jede gesicherte WhatsApp, SMS, jedes Gesprächsprotokoll. Wer diese Mosaiksteine sammelt, baut sich Schritt für Schritt einen effektiven und sicheren Schutzschild.
Das soll der Kunde doch erst mal beweisen…
Besonders heikel ist die juristische Dimension. Fehlt die Dokumentation, kehrt sich die Beweislast um: Nicht der Kunde muss nachweisen, dass falsch beraten wurde, sondern der Berater muss belegen, dass alles korrekt lief und er seine hohen Maßstäben unterliegende Beratungspflicht nicht verletzt hat. Und Hand aufs Herz: Wer möchte im Streitfall schon auf die Zuverlässigkeit des eigenen Gedächtnisses vertrauen? Besser, sicherer und auch zeit- und nervensparend ist in jedem Fall eine in den Beratungsprozess integrierte Dokumentation der wesentlichen Informationen.
Versicherungsschutz bleibt – die oft hilflose Beweissituation leider auch
Hartnäckig hält sich teilweise das Gerücht, fehlende Dokumentation führe zum Verlust des Versicherungsschutzes. Das ist falsch. Die Vermögensschaden-Haftpflicht leistet grundsätzlich auch dann, wenn die Unterlagen lückenhaft sind oder sogar gänzlich fehlen. Achtung: Vermittlerinnen und Vermittler stehen deutlich schwächer da, wenn der Versicherer die Vorlage der Beratungsdokumentation als Obliegenheit verlangt. Derartige Klauseln sind aber glücklicherweise inzwischen fast vom Markt verschwunden. Und auch das „rote Tuch“ eines höchst theoretischen Versagens des Vermögensschaden-Haftpflichtversicherungssschutzes, weil eine fehlende Beratungsdokumentation den Schaden verursacht haben soll, ist in nahezu keinem Fall plausibel denkbar und greift daher nicht. Und das erschließt sich auch schon allein auf Grundlage eines gesunden Menschenverstandes: Wie kann die fehlende Beratungsdokumentation und nicht die Beratung selbst der Grund für eine Inanspruchnahme sein? Was aber immer eine Tatsache bleibt, ist, dass man sich ohne jegliche Beratungsdokumentation nicht gegen Vorwürfe wehren kann und jeden Prozess verlieren wird.
Der Traum von der perfekten Dokumentation
Und nun zur Gretchenfrage: Gibt es die perfekte Beratungsdokumentation? Die ehrliche Antwort lautet: nein. Kein Formular, kein Muster, kein digitaler Assistent kann sämtliche Eventualitäten abbilden. Perfektion bleibt eine Wunschvorstellung. Aber es gibt Wege, die Sicherheit erheblich zu steigern: Je individueller eine Dokumentation auf den Kunden zugeschnitten ist und je sorgfältiger sämtlicher Schriftverkehr aufbewahrt wird, desto stabiler ist das Fundament. Standardisierte Vorlagen sind hilfreich – doch erst die persönliche Handschrift verleiht ihnen wirkliches Gewicht.
Solidität schlägt Vollkommenheit
Am Ende geht es also nicht darum, den heiligen Gral der Dokumentation zu finden. Es geht darum, konsequent, individuell und nachvollziehbar zu arbeiten. Perfekt wird sie nie – aber sie kann so solide sein, dass man nachts ruhig schlafen kann. Und seien wir ehrlich: Genau das ist doch die schönste Form der Haftungsprävention.