Änderung des Versicherungsvertragsrechts

Ewiges LV-Widerrufsrecht kassiert: BdV sieht Verbraucherrechte in Gefahr

Die aktuelle Änderung des Verbrauchervertrags- und Versicherungsvertragsrechts schränkt das Widerrufsrecht ein. Der Bund der Versicherten hält das für eine Benachteiligung von Verbraucherinnen und Verbrauchern.

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13:09 Uhr | 10. September | 2025
Widerruf gedruckt auf Papier

Künftig endet das Widerrufsrecht bei Versicherungsverträgen nach zwölf Monaten und 14 Tagen, bei Lebensversicherungen nach 24 Monaten und 30 Tagen.

| Quelle: Wirestock

Der Gesetzgeber hat das Widerrufsrecht bei Versicherungsverträgen neu gefasst – mit erheblichen Konsequenzen für die Praxis. Während die Politik auf eine „Vereinheitlichung und Entlastung der Gerichte“ verweist, sehen Verbraucherschützer wie der Bund der Versicherten (BdV) eine massive Schwächung des Verbraucherschutzes. Makler und Finanzdienstleister müssen sich nun auf ein deutlich verändertes Beratungsumfeld einstellen.

Was sich ändert

Künftig endet das Widerrufsrecht bei Versicherungsverträgen nach zwölf Monaten und 14 Tagen, bei Lebensversicherungen nach 24 Monaten und 30 Tagen – selbst dann, wenn der Versicherer wesentliche Informationen falsch oder gar nicht mitgeteilt hat.

Bislang galt: Ohne vollständige Information begann die Widerrufsfrist nicht zu laufen. Kunden konnten Verträge daher auch Jahre später widerrufen – laut BdV ein wichtiges Korrektiv angesichts der oft hohen Stornoverluste bei Lebensversicherungen.

Neu ist auch das Muster für Widerrufsbelehrungen: Mit mehr als 2.500 Wörtern auf knapp vier Seiten wird es komplexer und für Verbraucher laut BdV schwerer verständlich. Statt Transparenz droht aus Sicht des Bundes der Versicherten eine Informationsüberflutung.

Kritik der Verbraucherschützer

Anstatt den europarechtlichen Vorgaben einer „klaren, verständlichen und eindeutigen“ Information gerecht zu werden, entsteht so ein unübersichtlicher Text, der Verbraucherinnen und Verbraucher überfordert.

„Ein solcher information overload ist ein beliebtes Mittel der Desinformation. Ein Verbraucher bekommt den Eindruck, dass der kleingedruckte und von Rechtsbegriffen durchtränkte Text nur für Vertragsjuristen da ist, aber kein zentrales Verbraucherrecht beschreibt. Das Widerrufsrecht verkommt zur leeren Hülle,“ sagt BdV-Vorstand Stephen Rehmke.

Der BdV fordert deshalb, das Widerrufsrecht nicht einzuschränken, sondern konsequent an seinem Schutzzweck auszurichten. Der BdV hatte seine Bedenken bereits in einer Stellungnahme an das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz zum Gesetzentwurf festgehalten.

AfW begrüßt neue Regelung grundsätzlich, aber mit Forderungen

Bereits im August hatte sich Vermittlerverband AfW zu dem Thema geäußert. Die neue Ausrichtung begrüßt man beim AfW, denn: „Es ist richtig und überfällig, dass ewige Widerrufsrecht bei Lebensversicherungen zu begrenzen. Vermittlerinnen und Vermittler sowie Versicherer brauchen nach spätestens zwei Jahren endgültige Planungssicherheit“, erklärte im August Norman Wirth, Geschäftsführender Vorstand des AfW. Hintergrund sei zum einen, dass auch die Vermittler darunter leiden würden, wenn LV-Policen etliche Jahre nach ihrem Abschluss rückabgewickelt würden und deshalb auch damals ausgezahlte und oft schon reinvestierte und versteuerte Provisionen zurückzuzahlen seien. Darüber hinaus, so schreibt es der AfW in seiner Stellungnahme, habe das „ewige Widerrufsrecht“ dazu geführt, dass in der Praxis mit teilweise rechtsmissbräuchlichen Massenverfahren erhebliche wirtschaftliche Belastungen für alle Beteiligten entstanden seien.

Allerdings müsste eine Abgrenzung zu „fehlenden“, „ordnungsgemäßen“ und „nicht ordnungsgemäßen“ Widerrufsbelehrungen stattfinden. Diese sind demnach von der Zweijahresfrist ausgenommen. Es bleibe aber unklar, wie mit fehlerhaften, aber formal erteilten Belehrungen umzugehen sei, so der Vermittlerverband. Denn die Bezeichnung „nicht ordnungsgemäß“ sei unpräzise.

Long Story short:

  1. Widerrufsrecht wird eingeschränkt: Künftig endet das Widerrufsrecht bei Versicherungsverträgen nach 12 Monaten und 14 Tagen, bei Lebensversicherungen nach 24 Monaten und 30 Tagen – selbst bei fehlerhafter oder fehlender Belehrung. Das bisherige „ewige Widerrufsrecht“ entfällt.

  2. Planungssicherheit für Makler – aber mit Unsicherheiten: Der AfW begrüßt die Reform grundsätzlich, da sie Vermittlern mehr Planungssicherheit bietet und Rückforderungen bei Altverträgen vermeidet. Offen bleibt jedoch, wie mit nicht ordnungsgemäßen Belehrungen künftig umzugehen ist.

  3. Neue Widerrufsbelehrung erschwert Beratung: Das neue Muster umfasst rund 2.500 Wörter auf vier Seiten. Verbraucherschützer sehen darin eine Überforderung für Kunden – Makler müssen mit steigendem Erklärungsbedarf und Unsicherheit bei Kunden rechnen.