Online-Reputation: Was tun bei schlechten Kundenbewertungen?
„Verdiente fünf Sterne! Toller Service und kompetente Beratung – absolute Empfehlung.“ Über eine solche Google-Bewertung wird sich vermutlich jeder Makler freuen. Wer den Namen des Vermittlers in die Suchmaschine eintippt, bekommt derlei Kommentare fortan dauerhaft angezeigt. Und für viele, die auf der Suche nach einem passenden Dienstleister sind, sind Ratings ein wichtiger Kompass: Drei von fünf Deutschen nutzen Kundenbewertungen, um sich für oder gegen ein Produkt oder einen Dienstleister zu entscheiden, hat eine Studie des Marktforschungsinstituts Splendid Research aus dem vergangenen Jahr ergeben.
Makler, die der Bewertungspraxis im Netz erst einmal skeptisch gegenüberstehen, seien entwarnt: Der Großteil derer, die Kommentare auf Google, Yelp und Co. verfassen, tun dies, weil sie Lob loswerden möchten. Von schlechten Erfahrungen und Frust getrieben sind die wenigsten Rezensenten. Ist das dann aber doch der Fall, kann das wehtun – und die Reputation nachhaltig ankratzen.
Mit welchen Verrissen im Netz muss ein Makler leben, wann darf er gegen Negativkommentare vorgehen? Wir haben nachgefragt bei David Geßner, Fachanwalt für Medienrecht in Berlin.
Welche Bewertungen sind unzulässig?
Grundsätzlich gilt: Bewertungen im Internet sind erlaubt, wenn sie Ausdruck freier Meinungsäußerung sind und die Grenzen zur Schmähkritik nicht überschreiten. Eine Aussage wie „Herr Müller hat mich schlecht beraten – nie wieder!“ kann einen Makler Kunden kosten. Ob sie berechtigt ist oder nicht, wird allerdings schwer überprüfbar sein. Daher stellt sie nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eine klassische zulässige Meinungsäußerung dar. Diese ist – im Gegensatz zur entweder richtigen oder falschen Tatsachenbehauptung – durch ein subjektives Dafürhalten geprägt. „Ob ich mich als Kunde schlecht beraten fühle, ist rein subjektiv. Das macht einen solchen Kommentar zulässig, solange ich tatsächlich Kunde war. Der Makler muss diese Bewertung also akzeptieren“, fasst Rechtsanwalt David Geßner zusammen.
Auch darf man überspitzte Kritik an einem Unternehmen oder Anbieter äußern. Ein Beispiel für eine solche: „Dieser arrogante, unfreundliche Makler hat keine Ahnung von Versicherungen.“ Beleidigende Äußerungen, die den Adressaten herabwürdigen sollen, sind jedoch verboten. „Es muss immer eine Auseinandersetzung in der Sache geben und auch Meinungsäußerungen müssen im Übrigen stets auf einer wahren Tatsachengrundlage beruhen“, sagt Geßner. Das bedeutet, der Rezensent darf beispielsweise nicht schreiben „… deshalb handelt es sich um einen schlechten Vermittler, den man nicht auf Kunden loslassen darf“, wenn er vorher als Begründung etwas angegeben hat, das nicht den Tatsachen entspricht. Diese Schlussfolgerung würde dann einer wahren Tatsachengrundlage entbehren.
Unwahrheiten dürfen nicht als Tatsachen zu verkauft werden. Wer in seiner Bewertung eine potenziell rufschädigende Tatsachenbehauptung aufstellt, muss im Zweifelsfall darlegen und beweisen können, dass es sich um die Wahrheit handelt. Nach einem Großteil der Rechtsprechung im Äußerungsrecht sind Bewertungen auch dann unzulässig, wenn man selbst keinen Kundenkontakt oder sonstigen geschäftlichen Kontakt zu dem Bewerteten hatte.
In der Praxis kommt es allerdings häufig vor, dass Tatsachenbehauptungen und Meinungsäußerungen ineinander übergehen. „Hier muss man dann prüfen, ob es sich im Kern um eine Tatsachenbehauptung oder um eine Meinungsäußerung handelt“, sagt der Anwalt. Ein Beispiel dafür wäre: „Der Makler hat mir eine vollkommen untaugliche Versicherung vermittelt und mich hierbei abgezockt, indem er mir einen anderen Preis genannt hat, als am Ende berechnet wurde.“ Die Tatsachenbehauptung steckt in dem Teil mit dem falschen Preis, das lässt sich nachprüfen. Ob eine Versicherung untauglich ist, ist Wertung und dass derjenige sich abgezockt fühlt, ist ebenfalls eine Meinungsäußerung.
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Wie lässt sich gegen Beleidigungen vorgehen?
Ist eine Bewertung offensichtlich unzulässig, weil sie zum Beispiel Beleidigungen enthält, rät Geßner dazu, umgehend einen Experten für Medienrecht und Persönlichkeitsrechte mit deren Prüfung zu beauftragen. Und das sollte bestenfalls schnell passieren: „Je länger eine negative Bewertung im Internet auffindbar ist, desto größer ist der Rufschaden für ein Unternehmen. Um die Möglichkeiten des einstweiligen Verfügungsverfahrens nutzen zu können, ist Eile geboten“, sagt Geßner. Nach der Rechtsprechung habe man ab Kenntnis der Bewertung höchstens einen Monat Zeit, um Unterlassungsansprüche mittels einstweiliger Verfügung durchzusetzen. Zu beachten sei hierbei, dass man den Bewertenden zunächst außergerichtlich abmahnen muss, bevor man gerichtlich vorgeht. „Ein Monat vergeht schnell, so dass man keine Zeit verlieren sollte“, rät der Anwalt.
Gleiches gilt Geßner zufolge für ein Vorgehen gegen Google oder andere Plattformen und Provider. Auch diese muss man zunächst auf die Rechtsverletzung hinweisen und Prüfpflichten auslösen. Wird der Kommentar nicht überprüft, lässt sich eine einstweilige Verfügung beantragen. Nach Ablauf eines Monats ab Kenntnis der Rechtsverletzung steht nur noch der Klageweg offen. „Der Nachteil ist hierbei, dass ein Klageverfahren lange dauern kann“, sagt Geßner. Eine einstweilige Verfügung kann demgegenüber bei besonderer Dringlichkeit schon binnen weniger Tage ergehen. „Eine rechtswidrige Bewertung wird auf diese Weise schnell beseitigt.“
Ist es ratsam, Negativratings zu kommentieren?
Für Unternehmer gut zu wissen: Insbesondere bei anonymen Bewertungen kann man gegenüber Google und Co. zunächst bestreiten, dass es sich um Kundenkontakte handelt. „Google und andere Provider sind dann in der Pflicht, den Bewertenden aufzufordern, die Kundeneigenschaft darzulegen und eine Stellungnahme abzugeben. Antwortet der Bewertende nicht, muss Google die Bewertung löschen“, erklärt der Anwalt.
In zwei Fällen kann es ratsam sein, eine negative Bewertung öffentlich auf der Plattform zu kommentieren. Entweder weil man sich zwar entschlossen hat, die Bewertung stehen zu lassen, sich dennoch inhaltlich positionieren möchte. Oder weil der Versuch, sie löschen zu lassen, scheiterte. Für den Fall, dass man gegen eine Bewertung vorgehen möchte, ist es Geßner zufolge jedoch taktisch unklug, sich zum Inhalt der Bewertung zu äußern: „Für einen späteren Prozess kann das nachteilig sein.“ Für jegliche Kommentare gilt, dass diese souverän sein sollten und nicht etwa beleidigend und überheblich", rät Geßner: „Das schadet dem Unternehmen sonst doppelt in der Außendarstellung.“
Darf ich nun andersherum meine Kunden explizit dazu auffordern, positive Bewertungen zu verfassen? „Grundsätzlich ist es erlaubt, zufriedene Kunden zu motivieren, die eigenen Leistungen oder Produkte positiv zu bewerten. Wichtig ist es nur, dass es sich um reale Kunden handelt. "Das Kaufen positiver Bewertungen ist wettbewerbswidrig.“
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