Hochwasser-Hilfsfonds: Kommt jetzt die Pflichtversicherung?
Nach den enormen Schäden, die das Unwettertief „Bernd“ in mehreren Bundesländern hinterlassen hat, brauchen vor allem Menschen ohne die entsprechenden Versicherungen finanzielle Hilfe. Diese wird nun zu einem großen Teil von Bund und Ländern kommen. Denn das Kabinett hat heute seinen 30 Milliarden Euro schweren Hilfsfonds auf den Weg gebracht. Laut „dpa“ soll der Entwurf dafür schon in der kommenden Woche in den Bundestag zur Abstimmung eingehen, der Bundesrat soll im Anschluss zügig dazu beraten.
Gut die Hälfte des Geldes (16 Milliarden Euro) soll, dem Bericht zufolge, noch in diesem Jahr an die Flutopfer ausgezahlt werden. Der Entwurf sieht vor, dass die Eigentümer zerstörter Häuser 80 Prozent der Kosten erstattet bekommen, die für den Wiederaufbau ihrer Gebäude notwendig sind. Und zwar dann, wenn die Schäden nicht durch Versicherungen oder sonstige Dritte abgedeckt sind. Zwar müssten die Details noch diskutiert werden. In Härtefällen werde aber bereits über eine Übernahme der vollständigen Kosten nachgedacht.
Hoffen statt versichern
Für viele Menschen ist dieser Hilfsfonds die einzige Rettung. Ohne ihn stünden sie vor dem Nichts. Gleichzeitig nährt er das Vertrauen in den Staat als Samariter und mindert damit die Chancen, dem Hochwasserrisiko mit einem privatwirtschaftlichen Versicherungskonzept entgegenzutreten anstatt mit Steuergeldern.
Dieser Ansicht ist man auch beim ifo-Institut der Universität München. „Die Unterstützung hat aber Rückwirkungen auf die Bereitschaft der Bürger, sich überhaupt zu versichern. In der Abwägung zwischen teurer Elementarschadenversicherung und dem Risiko, unversichert einen Schaden zu erleiden, fällt die Entscheidung oft gegen eine Versicherung aus, und das umso eher, je größer die staatliche Hilfe ist, die man erwarten kann, wenn es doch schiefgeht“, schreiben die Professoren Clemens Fuest und Marcel Thum.
Vor dem Hintergrund der aktuellen weitreichenden Hilfen für Nicht-Versicherte dürfte die Bereitschaft zum Versicherungsabschluss also einen weiteren Dämpfer erhalten. Aus diesem „Samariterdilemma des Staates“ könnte eine Pflichtversicherung gegen Elementarschäden heraushelfen, meinen Fuest und Thum. Allerdings könne das nur funktionieren, wenn für den Schutz keine Einheitsprämien verlangt würden, sondern Beiträge, die dem tatsächlichen Risiko eines jeden Gebäudes entsprächen. Einheitsprämien wären hingegen kontraproduktiv. Sie würden dazu führen, dass tendenziell zu viele Gebäude in gefährdeten Gebieten errichtet würden. Schließlich würden die Menschen dort dann genauso viel für ihre Pflichtversicherung bezahlen wie die in den sicheren ZÜRS-Zonen 1 und 2.
Resilienz-Effekte
Zudem glauben die Professoren, dass risikoabhängige Prämien dazu führen würden, dass sich die Eigentümer von Immobilien in Überflutungslagen stärker dafür einsetzten, dass staatliche Stellen den Hochwasserschutz zum Beispiel durch zusätzliche Überflutungsflächen und Rückbau von Flussbegradigungen verbesserten. „Die Resilienz gegenüber Naturkatastrophen würde sich durch eine so ausgestaltete Pflichtversicherung erhöhen“, schreiben Fuest und Thum.
Um Eigentümer bereits bestehender Häuser nicht abrupt zu sehr finanziell zu belasten, schlagen die Wissenschaftler vor, die Pflichtversicherung auf neu errichtete Häuser zu beschränken. Damit würde man zumindest dafür sorgen, dass bei Neubauten Standorte mit Überflutungsrisiken vermieden werden. Der beste Zeitpunkt, um damit zu beginnen, wäre demnach ganz offensichtlich genau jetzt.
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