Auf Cash folgt Kündigung – die neue Bankenwelt?!

Die comdirect kündigt weiterhin Kunden nach Bargeldeinzahlungen und schweigt sich über die Gründe aus. Ein Bärendienst für die Bankenwelt. Ein Kommentar von procontra-Chefredakteur Matthias Hundt

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14:05 Uhr | 31. Mai | 2022

Erst Cash, dann Kündigung. Das müssen seit einigen Monaten Bankkunden der comdirect leidlich erfahren. Sie berichten dabei über den gleichen Werdegang. Zunächst wurde Bargeld eingezahlt. Seit August vergangenen Jahres gelten hier strengere Nachweispflichten. Ab 10.000 Euro haben Banken das Recht, die Herkunft genauer zu prüfen. Beziehungsweise, sie müssen es. So will es die BaFin. Das Ziel ist klar und richtig: Bekämpfung von Geldwäsche. Zahlen Kunden mehr als diese 10.000 Euro ein, folgt nun die Aufforderung, „den Sachverhalt bitte zu klären“ auf dem Fuße. Legitim, laut neuer Regelung.

Dieser Aufforderung kam eine Kundin in einem aktuellen Fall per Nachreichung des Schenkungsvertrages unverzüglich nach. Laut BaFin ein „geeigneter Beleg“, für die comdirect anscheinend nicht. Statt den Vorgang damit abzuschließen, wurde zunächst die ec-Karte und wenig später auch das Konto gesperrt. Laufende Zahlungsverpflichtungen für Kinderbetreuung, Miete oder Versicherungsprämien konnten nicht erfüllt werden. Schließlich folgte die Kündigung des Kontos. Alles ohne persönlichen Kontakt zur Kundin oder einer konkreten Erklärung. Nur ein Beispiel von vielen, auch bei anderen Geldhäusern. Als Begründung müssen sich Betroffene dann mit dem Verweis auf das „vertragliche Kündigungsrecht laut AGBs“ zufriedengeben.

Auf Nachfrage will man den Zusammenhang zwischen Bareinzahlung und Kontokündigung nicht bestätigen. Doch die Vielzahl der Fälle lässt diese Schlussfolgerung zu und das Schweigen des Instituts eröffnet Raum für Spekulationen über das eigentliche „Warum“. Ist die individuelle Prüfung der Herkunft des Geldes für Banken zu aufwändig? Gerade für Direktbanken, die auf Effizienz getrimmt sind? Will man sich der Bestandskunden mit hohen Barbeständen entledigen? Schließlich gelten für sie höhere Freibeträge als für Neukunden, bevor ein Verwahrentgelt erhoben werden kann. Sind die einst mühsam über Kostenlos-Modelle akquirierten Privatkunden nur noch eine unliebsame Last? Es sei denn, sie hängen tief im Dispo. Dort existiert weiterhin eine üppige Zinswelt und attraktive Einnahmequelle der Institute. Egal warum, Kunden haben eine Erklärung verdient. Auch das gehört zu einer beidseitigen und fairen Geschäftsbeziehung.

Keine Frage, Banken erleben harte Zeiten. Niedrigzins, disruptive Geschäftsmodelle, alternative Währungssysteme und eine immer strengere Regulatorik forcieren Kosten- und Ertragsdruck. Dennoch kann man Privatkunden nicht wie Schwerkriminelle behandeln und sie vor die Tür setzen, wenn sie eine eigentlich alltägliche Grundfunktion ihres Kontos nutzen und auch den neuen Nachweispflichten nachgekommen sind. Die bleibenden Effekte für Banken: Reputationsschaden und Vertrauensverlust. Und diese werden nachhaltiger belasten als eine kurzweilige „Säuberung“ des Bestandes.

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