Kolumne

Schadensminderung ohne über das Ziel hinauszuschießen

Anhand eines Schadenbeispiels erläutert Versicherungsdetektiv und Teamleiter Schadenaußendienst Timo Heitmann, wann die Pflicht zur Schadensminderung in Erstmaßnahmen ohne Absprache übergeht, die teuer werden können.

12:04 Uhr | 30. April | 2024
Timo Heitmann
| Quelle: privat

Mein Mitarbeiter warnte mich vor, dass es in seinem Schaden, den er als Regulierer begleitete, aller Voraussicht nach zu einer Beschwerde über seine Regulierungsentscheidung kommen wird, die sodann bei mir landen würde. Unser Kunde ist Gebäudeeigentümer und selbst wohnhaft und gewerblich aktiv im schönen Norddeutschland. Dort ist er unter anderem Geschäftsführer eines Handwerksbetriebes. Eines seiner in Süddeutschland befindlichen Gebäude erlitt einen Überschwemmungsschaden. Der Keller nebst dortigen Gegenständen stand circa 15 cm unter Wasser. Bei solchen Schadensbildern steht es selbstverständlich im Interesse der Kunden und gleichermaßen im Interesse des Versicherers, möglichst schnell eine Schadensminderung zu betreiben, zunächst dergestalt, dass Gegenstände aus dem Wasser oder dem feuchten Raum entfernt werden und das Wasser abgepumpt wird.

Daran schließt sich eine etwaige Entkernung und Trocknung an und - schlussendlich um einen Nutzungsausfallschaden gering zu halten – möglichst rasch auch die Einleitung des Wiederaufbaus. Es stellt sich die Frage: Was davon geht in Absprache zwischen Kunden und Versicherer und was auch ohne eine Absprache? Die Schadenminimierungspflicht nötigt dem Kunden gegebenenfalls unmittelbares Handeln ab. Unverzüglich Melden muss der Kunde sowieso, außerdem ist er verpflichtet auf Nachfrage Informationen beibringen und eine Aufklärung zu ermöglichen und diese zu unterstützen.

Besser eng mit dem Versicherer abstimmen

Mein Tipp lautet: Nach Sinn und Verstand Erstmaßnahmen durchführen (niemand kann etwas dagegen sagen, Gegenstände aus dem Wasser zu retten oder das Wasser abzupumpen), die Situation aber unmittelbar auch gut zu dokumentieren (Fotos / Videos schießen) und sodann lieber in enger Abstimmung mit dem Versicherer die Folgearbeiten einzuleiten, als dies ohne Schadenmeldung und weitere Abstimmung zu tun.

Der Kunde in unserem Fall ist leider etwas über das Ziel hinausgeschossen, als er sich kurzentschlossen (und natürlich ohne eine vorherige Abstimmung mit uns) mit einer Handvoll seiner Firmen-Mitarbeiter auf eine circa 6 Stunden lange Anreise über den Abend begeben und in einer nächtlichen Aktion, sodann aber auch über die Folgetage hinweg, den technisch eher einfach gelagerten Abpump-, Reinigungs- und Räumarbeiten gewidmet hat. Die böse Überraschung kam dann erst nachgelagert bei der Bezifferung der Ansprüche. Gefordert – und sehr strittig mit meinem Mitarbeiter diskutiert - wurden nun die regulären Stundensätze seiner Elektriker und Fachhandwerker, inkl. Überstunden- und Nachtzuschlägen, die multipliziert mit den üppig vorgetragenen erfassten Stunden auf eine Forderung von über 40.000 EUR aufsummiert wurden. Mit Schadensminimierung und guter Absprache mit dem Versicherer hat dies wenig gemein und der Ärger ist in solchen Fällen leider vorprogrammiert. 

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Mein Tipp: Beraten Sie die Kunden in solchen Fällen gerne unter Zugrundelegung eines gesunden Maßes der Verhältnismäßigkeit und sensibilisieren Sie sie dazu, bei umfangreicheren angedachten Maßnahmen (Kosten), das Vorgehen vorab mit der Schadensabteilung abzustimmen. Eine Verzögerung der Schadensminimierung sollte damit nicht einhergehen, denn der Aufwand beschränkt sich in der Regel auf einen Anruf bei der Schaden-Hotline. Der große Vorteil besteht zudem darin, dass bei der Schadensmeldung gegebenenfalls direkt an zum Schaden passende, spezialisierte Partnerbetriebe in der betroffenen Region vermittelt werden kann. Mindestens können jedoch das Vorgehen in einem vertretbaren Rahmen und eine Sicherheit bezüglich der späteren Kostenübernahme abgestimmt werden, und damit spätere Enttäuschungen und Beschwerden vermieden werden.