Immobilienmarkt

Sollen Berater jetzt zum Hauskauf raten?

Die Prognosen für den Immobilienmarkt sind sehr unterschiedlich. Welche Faktoren eine Rolle spielen und woran sich Makler und Interessenten vor einer Kaufentscheidung orientieren können.

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14:05 Uhr | 03. Mai | 2024
Schlüssel steckt in der Tür zu einem haus
| Quelle: peterschreiber.media

Laut Mirjam Mohr, Vertriebsvorständin bei Interhyp, Deutschlands größten Vermittler von Baufinanzierungen, wird 2024 ein gutes Jahr für den Immobilienkauf. „Für Kaufinteressierte gibt es keinen Grund zu warten", sagt Mohr. „Wir sehen eine bessere Leistbarkeit als 2023 und deutlich mehr Planbarkeit als in den letzten Jahren“, sagt sie und zählt insbesondere drei Faktoren auf, die Kaufen wieder attraktiver machen: Niedrigere Bauzinsen als noch im Oktober, gesunkene Immobilienpreise und deutlich steigende Mieten. Sie betont ebenfalls, dass Kaufinteressenten sich beraten lassen sollten.

Sinkflug hat ein Ende

Tatsächlich ist die Lage am Immobilienmarkt immer noch von einer großen Verunsicherung bei allen Beteiligten geprägt. Wer ein Haus oder eine Wohnung kaufen möchte, achtet vor allem auf den Kaufpreis des Objekts und den Kreditzins, den die Banken fordern.

Was die Immobilienpreise betrifft, könnte die Trendwende eingesetzt haben. Darauf deutet der neue Wohnindex des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) hin. Demnach sind sechs Quartale in Folge die Preise für Wohneigentum gesunken, jetzt steigen sie wieder: Im Schlussquartal 2023 waren Häuser 0,6 Prozent und Eigentumswohnungen 0,8 Prozent teurer als im Quartal zuvor. „Die Immobilienpreise dürften damit ihre Talsohle erreicht haben“, berichten die Ökonomen Pekka Sagner und Michael Voigtländer vom IW in Köln. Der Wohnindex soll fortan vierteljährlich erscheinen. Für den Index haben die Forscher eigenen Angaben zufolge Millionen von Wohninseraten ausgewertet.

Unterschiedliche Indizes

Eher abwartend ist Jens Tolckmitt, Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Pfandbriefbanken. Deren Wohnimmobilienpreisindex zeigt einen anderen Verlauf. Nämlich auch im vierten Quartal 2023 einen Rückgang der Preise um 1,6 Prozent. Er rechnet mit einer Stabilisierung der Preise im Sommer. Generell bleibe das Immobilienjahr 2024 „vorerst schwierig“, meint Tolckmitt. Erwähnt werden muss, dass der vdp-Index auf der Auswertung echter Transaktionsdaten beruht, also anders erhoben wird als der IW-Wohnindex. Letzterer setzt früher an und hat eher einen Prognosecharakter.

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Immer wichtiger wird laut Immobilienexperten auch der energetische Zustand eines Gebäudes. Hierauf weist zum Beispiel Michael Neumann, der Chef des Finanzberatungsunternehmens Dr. Klein hin: „Bei den Immobilienpreisen wird es eine große Ausdifferenzierung geben. Vor allem energieeffiziente Objekte sind deutlich wertstabiler. Kam es früher vor allem darauf an, wo sich die Immobilie befindet, wird nun ihr energetischer Zustand immer relevanter.“ Gebäude aus den Energieeffizienzklassen G und H verlieren überproportional an Wert, meint Neumann. Die Lage bliebe dennoch relevant. Preise für Objekte in strukturschwächeren Regionen gäben überdurchschnittlich nach.

Viel hängt an der EZB

Das zweite zentrale Kriterium für Käufer ist der Zins für Hypothekendarlehen. Dieser wiederum wird stark von den Leitzinsentscheidungen der Europäischen Zentralbank bestimmt. Seit November 2023 sind die Bauzinsen gesunken: von 4,2 Prozent auf 3,5 Prozent Ende Februar für zehnjährige Darlehen. „Für Kaufinteressenten ist das eine gute Nachricht“, sagt Interhyp-Vorständin Mohr. Besonders stark falle der Zinseinspareffekt in den Großstädten aus, da hier die Kaufpreise und damit auch die durchschnittliche Darlehenssumme am höchsten seien. So sparten Wohnungskäufer in Berlin über die gesamte Kreditlaufzeit im Schnitt 50.000 Euro an Zinsen im Vergleich zum letzten November.

Kaufwillige schauen indes auf die erwartete Zinsentwicklung in den nächsten Monaten. Neumann erwartet eine „Seitwärtsbewegung – mit Ausschlägen um rund einen halben Prozentpunkt nach oben und unten um die derzeitigen 3,5 Prozent für eine zehnjährige Zinsbindung.“ Vorerst halte die EZB an ihrem Leitzins von 4,5 Prozent fest. Im Laufe des Jahres sei aber mit ersten Zinssenkungen zu rechnen.

Zeitenwende beim Zins

Natürlich müssten dafür die Parameter passen, also vor allem die Inflationsrate stetig sinken. Bis Ende 2024 könnte der Leitzins unten die 4-Prozent-Marke fallen, prognostiziert Neumann. In der Annahme, dass Bauzinsen etwa einen Prozentpunkt unter dem Leitzins liegen, „könnten sich die zehnjährigen Hypothekenzinsen in sechs bis zwölf Monaten voraussichtlich also in einem Bereich von 3 bis 3,5 Prozent bewegen“, analysiert Jochen Bartz, Produktmanager bei der Santander Consumer Bank. Bedenken sollten Kaufwillige auch: Im Markt gibt es etliche Ökonomen, die eine Null- und Niedrigzinsphase ohnehin für sehr lange Zeit ausschließen. Dafür steige die Staatsverschuldung in Europa zu schnell.

Neben Immobilienpreisen und Zinsen spricht jetzt nach Ansicht Mohrs je nach Lage auch die Mietentwicklung für einen Kauf. Vor allem in den Großstädten steigen die Preise, vor allem bei Neuvermietungen (siehe Grafik). Fachleuten zufolge trägt die Misere am Bau dazu bei. Laut einer Studie fehlen in Deutschland 700.000 Wohnungen. Das politische Ziel, jährlich 400.000 neuen Einheiten fertigzustellen, werde auch 2024 deutlich verfehlt.

Gute Beratung ist das A und O

Fazit: Dieses Jahr scheint ein gutes für den Kauf einer Immobilie zu sein. In beliebten Regionen steigen die Objektpreise bereits wieder. Gleichzeitig schwanken die Zinsen für zehnjährige Darlehen voraussichtlich um das Niveau von 3,5 Prozent. Berater sollten darauf achten, dass ihre Kunden nicht nur gute Finanzierungskonditionen erhalten, sondern auch den energetischen Zustand des Wunschobjekts bei der Kaufentscheidung berücksichtigen. Auch Förderprogramme sind einen Blick wert.